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Katrin

33 Frauen

33 Frauen – #7 Janet Goodrich

25. Mai 2022
Janet Goodrich
Janet Goodrich

Janet Goodrich #33 FrauenDr. Janet Goodrich war eine amerikanische Sehlehrerin und Psychologin, sie ist 1942 in Michigan geboren und 1999 gestorben.

Ich nehme an, das niemand das Wort Sehlehrerin schon einmal gehört hat und im Deutschen existiert es auch nicht wirklich. Das ist  interessant, denn wenn ich als Kind gewusst hätte, dass es Menschen gibt, die anderen das Sehen beibringen oder mir Augenärzt:innen davon erzählt hätten – ja, wer weiß.

So musste ich sie selbst herausfinden. Janet Goodrich ist eine Frau, die mich beeindruckt hat und sie passt gut zur übrigen Gruppe der Frauen, weil sie mit Leidenschaft für etwas einstand, das andere für gegeben oder unwichtig hielten. Wie sehen Menschen? Warum werden sie kurz- oder weitsichtig? Wie kann man das ändern, beheben?

Janet Goodrich #33 FrauenSie war nicht die Erste, die das machte, auch nicht die erste Frau, aber etwas an der Art, wie sie über das Sehenlernen schrieb war neu und liebevoll für mich. Als ich Ende der 80er ihr Buch entdeckte  – Janet Goodrich: Natürlich besser sehen, Freiburg  1989 – hatte ich schon einige Bücher über das Sehenlernen gelesen, mich intensiv damit beschäftigt und auch schon einige Übungen in meine mögliche Lebensroutine aufgenommen. Denn – ja, ich bin betroffen.

Kurzsichtig

Ich bin kurzsichtig. Oder sollte ich sagen … war kurzsichtig? Hm.

Für die meisten Menschen ist es ganz selbstverständlich, dass sie eine Brille bekommen und tragen, wenn sie schlechter sehen – egal ob in der Nähe oder Ferne. Für mich war es das nicht, als ich mit neun oder zehn beim Augenarzt saß. Mein Vater hatte mich hingebracht, vermutlich weil er auch eine Brille trug und meine Mutter meinte, Brillenträger müssten sich verstehen. Ist wohl so. Denn sie haben viel gemeinsam, aber das verstand ich erst später.

Überhaupt – ist schwachsichtig zu sein, eine Krankheit? Etwas, was behoben werden muss, korrigiert? Wie ein gebrochen Bein oder ein schiefer Zahn. Wir richten ihn wieder. Nein. Niemand geht davon aus, dass man jemals von einer Brille geheilt wird. Irgendwie gehen sogar alle davon aus, dass man von Jahr zu Jahr schlechter sieht, wenn man einmal damit angefangen hat, eine Brille zu tragen. Also eher, als ob man jemandem mit einem gebrochenen Bein eine Krücke gibt und sagt: Tja, damit musst du wohl demnächst laufen, weil dein Bein … nix gut.

Janet Goodrich
Ich verstand das nicht. Wieso ging das nicht wieder weg? Mit Brille fand ich mich außerdem blöd, ich wollte sie nicht tragen, auf keinen Fall. Der Augenarzt sagt irgendwas von “Vererbung”, viele sagten, ich ähnele meinen Vater, also schien es logisch. Fühlte sich nur nicht so an. Ich spielte Fußball mit meinen Brüder, ich rannte herum, Brille ging einfach nicht.

Also trug ich meine Brille – nicht. Tat einfach so, als existierte sie nicht. Allerdings sah ich nicht gut und irgendwann fiel das auch auf. In der Schule zum Beispiel. Man setzte mich in die erste Reihe und selbst da ging es dann irgendwann nicht mehr. Und ich gab auf. Okay, dann trag ich meine Brille eben. Meistens. Aber ich hasste sie. Immer.

Sehen lehren

Wie sieht die Karriere einer Sehlehrerin aus? Janet Goodrich ist in Michigan aufgewachsen, sie bekam mit 7 Jahren ihre erste Brille gegen Kurzsichtigkeit und Astigmatismus und sie trug sie die folgenden 20 Jahre. Wenn ich mir das Fotos von Janet Goodrich ansehe, dann verkenne ich das. Oder wahrscheinlich jeder. Kurzsichtige sehen nicht gerne in die Kamera, der Blick ist scheu. Die kokettieren nicht, auch nicht auf Bildern, auf denen sie offen und freundlich erscheinen sollten, damit Menschen ihr Buch kaufen. Sie wirken eher schutzlos ohne Brille. Denn das ist eine Brille auch, ein Schutz.

Goodrich studiert in Michigan Fremdsprachen. Philosophie und Verhaltenspsychologie, eine interessante Mischung. 1967 zog sie nach Kalifornien und beschäftigte sich mit den Theorien von Wilhelm Reich, mit natürlichen Geburtspraktiken und alternativer Kindererziehung und mit der Bates-Methode. Und alles gehört sehr eng zusammen.

Bates -Methode? William Bates war Mediziner und der erste Sehlehrer überhaupt. Er entwickelte in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts Sehübungen, die man noch heute in allen alternativen Sehschulen findet. Er schrieb das Buch: Rechtes Sehen ohne Brille. Er war ein Pionier. Doch sogar wenn man den Wikipedia-Eintrag unter Augentraining nach Bates liest, dann findet man dort mehr Skepsis als Anerkennung für jemanden, der die unglaubliche Entdeckung gemacht hat, das Sehen keine körperliche und angeborene Fehlstellung ist, sondern eine anerzogene oder antrainierte Fehlhaltung, die mit Emotionen, Gedanken und körperlichen Verspannungen zusammenhängt. Da könnte ich jetzt viel drüber schreiben, aber das führt sehr weit weg von Goodrich. Oder, nein, eigentlich direkt zu ihr hin.

Kurzsichtig

Okay, wer hört gerne, dass er verkrampft und umentspannt ist? Keine/r, die eine Brille trägt. Denn Kurzsichtige sind sehr oft kleine Besserwisser. Ja, auch du, Harry Potter. Und sie sind eher ängstliche und introvertierte Menschen.

Wenn wir von kurzsichtigen Menschen reden, dann meinen wir, dass sie nicht das ganze Bild im Auge haben und – auch richtig. Nicht nur optisch, sondern ganz allgemein. In Erzählungen machen wir Brillenträger gerne zu den Schlaumeiern, die etwas verklemmt sind, Kinder oder Erwachsene, denen man erst zeigen muss, wie sie aus sich herausgehen können: Leg die Brille ab, öffne dein Haar! Viele Klischees, aber ein wahrer Kern. Ganz sicher wollte ich nicht so ein Mensch sein, als ich in die Pubertät kam. Da wollen wir alle sexy und locker sein, begehrt werden und die Haare im Wind flattern lassen.

Und – wundersamerweise erfüllte sich der Traum Nun ja, nicht ganz. Mit 16 bekam ich – Kontaktlinsen. Nicht nur das, nach den Ferien tauchte ich mit neuem Haarschnitt in der Schule auf, störte mich nicht mehr daran, dass meine alten Schulfreundinnen mir keinen Platz freigehalten hatten, ließ das hässliche Entlein hinter mir und wurde ein (schüchterner) Schwan. Das fühlte sich nach einer Lösung an – doch das war es nicht.

Ganzheitliches Sehen

Janet Goodrich
1975 errichtete Goodrich das Vital Health Zentrum in Los Angeles mit dem Schwerpunkten: Verbesserung der Sehkraft auf natürliche Weise, Chiropraktik und Ernährungsberatung und leitete es bis 1983. Nach einer Vortragsreise durch Australien und einer intensiven Traumerfahrung, zog sie nach Melbourne, wo sie Lehrer:innen für natürliches Sehen ausbildete.

Was Goodrich herausgefunden hatte, fand auch ich heraus. Sehen ist ein ganzheitlicher Vorgang. Ihn zu korrigieren, ob mit Brille oder Kontaktlinsen ist nur eine Krücke. Das eigentliche “Problem” liegt tiefer.

Sie fand heraus, dass Menschen besonders in stressigen Zeiten, vor der Fahrprüfung, in der Pubertät, unter extremer Belastung – kurzsichtig wurden. Und das es meist die Menschen sind, die eher zurückhaltend und introvertiert sind, die also ihre Gefühle nicht herauslassen, die kurzsichtig werden. (Kurzsichtige Menschen unterdrücken Angst, weitsichtige Wut.) Daran musste man eben auch arbeiten, um besser sehen zu können: Der Psyche.

Also ging es in ihrem Buch nicht nur um das Trainieren der Augenmuskeln – was auch gut und schön ist – sondern vor allem um die Veränderung von Verhaltensmustern und Angewohnheiten. Uff.

Unterdrücken oder Ansehen

Ich hätte mich dem allen wohl nicht gestellt, wenn ich nicht gemusst hätte. Anfang der 80er Jahre lebte ich in einem besetzten Haus mit 40 Menschen zusammen. Niemand hielt mich für schüchtern, ich war es auch nicht (mehr). Doch die 80er Jahre waren die Jahre, in denen man in Kneipen rauchte und auf Demos mit Tränengas auf Demonstranten schoß. Meine weichen Kontaktlinsen saugten das alles gierig auf, schützen mich im ersten Moment vor tränenden Augen, doch saugen sich auch an meinem Augapfel fest und unterbanden die Zufuhr von Sauerstoff zum Auge. Kleine rote Äderchen bildeten sich neben meiner Iris und versuchten auf anderen Wegen mein Auge mit Sauerstoff zu versorgen.

Als ich endlich zum Arzt ging, da ich meine Kontaktlinsen immer schlechter vertrug, bekam ich eine beängstigende Ansage: ich würde meine Augen schädigen oder sogar erblinden, wenn ich nicht auf eine Brille umsteigen würde. Auf einmal wurden Augenübungen mein einziger Ausweg, wenn ich nicht wieder auf die Brille umsteigen wollte. Also – nach Goodrich – eine Verhaltensänderung, die noch weiter gehen musste.

Natürlich besser sehen

Das Buch “Natürlich besser sehen”, hat viele Zeichnungen, von denen ich einige hier über den Text verteilt habe. Das Buch strahlt etwas sehr Entspanntes aus. Dazu trägt auch die offene und liebevolle Art von Goodrich bei, über das Sehen lernen zu schreiben. Sie ist nie überheblich, der Ton einfach. Keine langen wissenschaftlichen Abhandlungen über das Auge, keine Fakten, die man sich nicht merken kann und die man auch gar nicht wissen will. Fast hatte ich das Gefühl, ich lese ein Kinderbuch.

Sie war eine Vorreitern, denn heute haben wir uns daran gewohnt, dass Darm mit Charme uns auf eine unterhaltsame Reise nimmt und interessanterweise erinnern die Bilder in diesem Buch mich an die Bilder in Janets Goodrichs Buch über das Sehen lernen. Okay, ich hasse diese Art von Bilder, weil sie putzig, niedlich und ungelenkt aussehen, aber genau das sollen sie. Die Angst davor nehmen, dass man hier etwas Falschmachen kann und das ist eine große Angst von Kurzsichtigen

Janet Goodrich hat mich ein gutes Stück auf dem Weg zu besserem Sehen begleitet. Der Weg ging und geht immer weiter, auf den nächsten Etappen hat mich eine andere Frau weiter begleitet, über die ich später noch berichten werde.

Für Janet Goodrich habe ich den Hashtag #klar ausgewählt. Sie hat mir einen großen Teil meiner Klarheit zurückgegeben und mir enorm viel über mich selbst klar – gemacht. Danke dafür!

 

Alle Bilder aus dem Buch: “Natürlich besser Sehen”.

 

 

33 Frauen

33 Frauen – #6 Elfriede Hengstenberg

14. November 2021
Elfriede Hengstenberg #33 Frauen

Elfriede Hengstenberg Fotograf:in unbekannt. Aus dem Buch: Entfaltungen

Elfriede Hengstenberg

Als ich 1991 mit unserem ersten Kind schwanger war, schenkte mir meine Tante – die Schwester meines Vaters – das Buch “Entfaltungen” von Elfriede Hengstenberg. Das Buch enthält eine Widmung an mich und meinen Mann mit dem Wunsch, mit uns verbunden zu sein in der Zeit meiner ersten Elternschaft und ihrer Reise nach Afrika. Doch sicher sollte es auch eine Erinnerung an das sein, was Elfriede Hengstenberg meiner Tante und mir beigebracht hat.

Elfriede Hengstenberg Entfaltungen

Hersg. von Ute Strub Heidelberg, Arbor Verlag 1991

Wenn ich zurückdenke, dann wundert es mich, für wie selbstverständlich ich alles gehalten habe, was ich von Frau Hengstenberg oder Hengsti, wie wir sie nannten, gelernt habe. Und wie selbstverständlich es zu mir kam.

“Was mich außerordentlich erfreut, ist die Tatsache, dass sich von manchen Familien bereits die dritte Generation bei mir einfindet und dass diese recht aufgeschossenen und ausgesprochen selbstständige Kindern durchaus anzuspüren ist, dass man sich ganz allgemein um stimmendere Lebensvoraussetzungen bemüht.” schreibt E. Hengstenberg 1958 an den Musikpädagogik und Mentor Heinrich Jacoby. (aus Entfaltungen)

Kindererziehung war in den 70er Jahren ein großes Thema und ich habe davon profitiert, dass meine Eltern und meine Tante mich und meine Geschwister und eigentlich alle Kinder maximal fördern wollten. Mir kam es nicht seltsam vor, wenn ich zu Bildhauerkursen oder Malklassen gebracht wurde, wenn ich Judo machen durfte oder Segeln ging. Doch – wow – heute bin ich so dankbar für dieses große Angebot. Und die Stunden bei Elfriede Hengstenberg gehörten dazu.

Elfriede Hengstenberg (1892 geboren) war ausgebildete Gymnastiklehrerin, aber noch so viel mehr. 1915 unterrichtete sie privat und an Schulen in Berlin. Nach dem Studium bei Elsa Gindler veränderte sie ihre Arbeitsweise grundlegend.

Diese selbständige Entwicklung von Bewegung sahen Pikler und Hengstenberg als Grundlage für eine gesunde Entfaltung der Persönlichkeit. Daher war die höchste Maxime von Elfriede Hengstenberg bei ihrer Arbeit mit Kindern: Achtung vor der Eigeninitiative des Kindes.“[Quelle]
Gymnastik
Elfriede Hengstenberg

sus: “Entfaltungen

Initiiert von meiner Tante meldete meine Mutter mich und meine Brüder in den 70er Jahren zu Gymnastikstunden bei Elfriede Hengstenberg an. Wir gingen zusammen mit den Kindern einer befreundeten Familie dorthin, allein das war schon aufregend. Wir waren etwa fünf Kinder zwischen sechs und neun Jahren und es kamen noch etwa drei bis fünf Kinder von anderen Familien dazu. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es offiziell hieß: Gymnastikstunde oder Sportstunde, denn wir sagten immer: “Wir gehen zu Hengsti.”

Elfriede Hengstenberg

aus dem Buch “Entfaltungen”

Diese Frau war für mich so alt, dass ich ihr Alter unmöglich schätzen konnte. Uralt. Verknittert und aufrecht, auf eine sehr angenehme Art streng und zugleich … magisch. Eine Zauberin wie  Mc Gonagall aus Harry Potter.

Die Stunden bei Hengsti waren keine Sportstunden im üblichen Sinne, es ging um viele verschiedene Dinge, die nicht unbedingt Gymnastik waren. Heute würde ich sagen: Eine ganzheitliche Haltung. Um Beweglichkeit, Selbstvertrauen, um Zutrauen zu sich selbst. Wie sie es selbst sagte: Eigeninitiative.

Doch in meiner Erinnerung war es nur – Spielen. Einfach eine Spielstunde. Und das war großartig.

Bewegen & Balancieren

Wir trugen T-Shirts und kurze Shorts oder bunte Frotteeunterhosen. Es fühlte sich nicht nach Unterwäsche an, aber auch nicht nach Sportkleidung. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich jemals unwohl gefühlt zu haben, auch nicht verletzlich oder entblößt. Es war wichtig, dass wir uns frei bewegen konnten und ich fand das nicht anders, als zuhause im Zimmer herumzuspringen. In den Stunden waren wir immer barfuß, Turnschuhe kamen nicht vor, sie hätten gestört.

Die Stunden fanden meist in ihrem Wohnzimmer statt. Hengsti wohnte in einer alten Villa, nicht prächtig, aber eindeutig herrschaftlich. Das Wohnzimmer war riesig. Stand da ein Flügel? Ein Esstisch? Lagen Teppiche auf dem Boden? Ich erinnere mich an das Einrollen von Teppichen, einen Parkettboden. Es war also kein Sportraum wie in der Schule, sondern etwas Privates. Unser Turnplatz war am großen Fenster, der Rest des Raumes blieb im Dunkeln.

Elfriede Hengstenberg

aus dem Buch “Entfaltungen”

Doch es gab auch eine Art Ausrüstung: Kletterstanden aus Holz, Balken, Bälle, Bänder, Kissen.

Es gab kleine Holzstühle mit geflochtenen Sitzflächen, mit denen wir sehr verschiedne Dinge machten. Eine Art Grundausstattung. Der Stuhl wurde sofort von seiner normalen Funktion befreit. Er diente als Ablage für Holzstangen, über die wir balancierten, wurde zu Türmen aufgestapelt, die wir erklettern mussten. Wir machten vor allem Geschicklichkeitsübungen. Alle hintereinander, nie wurde jemand vorgerufen oder musste etwas alleine machen.

Die Bilder, die ich hier in den Beitrag gestellt habe, sind aus dem Buch “Entfaltungen” und sind weit vor meiner Zeit bei Hengsti gemacht worden, aber die Übungen erkenne ich wieder.

Wir mussten oft Dinge auf dem Kopf balancieren. Ein Kissen, einen Ball. Nur wenn man sich konzentrierte, sich ausrichtete, gelang die Übung. Es kam darauf an, den Rücken durchstrecken, aber auch nicht zu starr machen. Sie zeigte uns Bilder von Frauen in Afrika, die aufrecht ihre Lasten auf dem Kopf trugen. Einen Wasserkrug, einen Korb mit Lebensmitteln. Ich spürte, welche Achtung sie vor diesen Kulturen hatte und erinnere mich an Gegenstände in ihrer Villa wie Vasen oder Figuren aus anderen Kulturkreisen.

Sie zeigte uns diese Bilder, damit wir lernen konnten. Die stolze Haltung der Afrikanerinnen, gefiel mir. Ohne es große zu betonen, inspirierte Hengsti unsere Weltsicht, die ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal unsere eigene war. Hunger in Afrika! Wir müssen denen helfen. Aber sie sagte: Ihr müsst von ihnen lernen. So einfach war das.

Draußen

Manchmal gingen wir nach draußen, in die Grünanlage, die direkt gegenüber der Villa lag. Dort balancierten wir Bälle auf Holzlöffeln und mussten damit laufen. Sackhüpfen oder Eierlaufen – aber immer war es etwas anders. Wer wird Erster?  – war nie die Frage, sondern eher, ob es überhaupt gelingt und wie lange.

Foto: Elfriede Hengstenberg aus EntfaltungenIn dem Buch “Entfaltungen” habe ich ein Bild gefunden, auf dem Kinder mit Fuchsschwänzen durch die Gegend laufen. Und erst in dem Moment ist sie mir wieder eingefallen: Die Sammlung von Fuchsschwänzen an Gummibändern. Vermutlich das Faszinierendste in ihrer Sammlung.

Heute ein No-go. Ich kann mir gut vorstellen, wie grausam das heutige Eltern finden würden, aber  … es waren die 70er und Fußschwänze hingen auch noch an Autoantennen und dem Gürtel einiger Männer. Und wir fanden sie cool. Toll, großartig. jeder wollte einen ganz bestimmten Schwanz ergattern. Den roten, den braunen.

Die Idee war nicht nur, sich dadurch in einen Fuchs zu verwandeln, sondern den Bereich zu spüren, wo unsere Wirbelsäule, das Rückgrat endet und früher einmal ein Schwanz ansetzte. Den Tieren hilft er, in Balance zu bleiben, Signale zu senden, zu wedeln oder sich zu sträuben. Uns fehlten etwas, das Hengsti uns mit einem Schwanz zurück gab. Etwas Wildheit. Etwas Uraltes und Wichtiges. Wir lernten, unsere Energie auf dieses neue Körperteil zu lenken. Die Verlängerung des Steißbeins zu erspüren. Und das – verändert die Haltung sofort. Und – keine Ahnung warum – es machte mich/uns gleichzeitig stolz und powerful. Mit Schwanz war alles möglich (oder war das nur mein Gefühl als Mädchen?)

Haltung

Bei Hengsti ging es viel um Haltung. Um einen aufrechten Gang. Aber nicht das autoritäre Geradesitzen, sondern die entspannte aufrechte Haltung. Selbstbewusst, stark, sichtbar.

Jetzt, nachträglich, recherchiere ich. Ach wirklich? War es nicht doch etwas autoritär gemeint? Nicht, dass ich da etwas falsch verstanden habe und da etwas war, in der Lehre, was vielleicht noch aus einer anderen nationalen Zeit übrig geblieben ist. Doch ganz im Gegenteil, was ich finde, erleichtert mich.

Verantwortung

Dirk Jordan, lange Stadtrat für Volksbildung in Berlin-Kreuzberg, hat über Elfriede Hengstenberg und ihre Freundin Gertrud Kaulitz recherchiert und geschrieben. Beide Frauen verstecken während des Nationalsozialismus Verfolgte in ihren Zehlendorfer Häusern.

Elfriede Hengstenberg hat sich an das Zusammentreffen mit Dr. Bobek später so erinnert: “… (…) Trotz mehrfacher Bewachung war es ihm gelungen, während einer Zahnbehandlung zu entkommen, Arzt und Wächter in der Wohnung einzuschliessen, dem Gewehrfeuer aus dem Fenster auszuweichen und im Aussenbezirk Zehlendorf mein Haus zu erreichen. Von hieraus, neu eingekleidet, suchte er auf unseren Rat Gertrud Kaulitz auf, die mit weiteren Freunden seine Flucht nach Markendorf i. d. Mark auf die Hühnerfarm ihrer Schwester Margret Kaulitz ermöglichte. 4 Wochen fand er dort Unterkunft und Verpflegung, bis die Häscher der Gestapo die Farm umstellten, ihn zum 2.Mal verhafteten.” (Quelle)

1963 schrieb Elfriede Hengstenberg einen Brief an die Senatsverwaltung, durch den die Ehrung der Schwestern Kaulitz als “Unbesungenen Helden” eingeleitet wurde.

“Sehr geehrter Herr Senator! Hierdurch bitte ich Sie, die 83 Jahre alte Frau Gertrud Kaulitz  in Berlin—Schlachtensee, Eiderstaedter Weg 33 in die Berliner Ehrungsaktion einzubeziehen. Frau Kaulitz hat in ihrem Hause während der Nazizeit laufend jüdische Verfolgte versteckt, beköstigt und betreut. Außerdem hat sie den wegen Hochverrats zum Tode verurteilten Dr. Bobeck, den ich ihr zugeführt hatte, nachdem er aus der Gestapohaft geflüchtet war, bei sich aufgenommen und für seine Unterbringung auf dem Lande gesorgt. Hochachtungsvoll Elfriede Hengstenberg” (Quelle)

Irgendwie ist es typisch, dass sie sich für die Freundin und Mentorin einsetzte und nicht für sich selbst. Bei ihr war wenig EGO, dafür sehr viel Aufmerksamkeit.

Musik und Bewegung
Elfriede Hengstenberg

aus: “Entfaltungen”

Gertrud Kaulitz war die Klavierlehrerin von Elfriede Hengstenberg und hat ihr zu rhythmischer Gymnastik nach Dalcroze geraten. Émile Jaques-Dalcroze entwickelte zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Genf eine Musik- und Bewegungsintervention, die für die Vernetzung von Gehirn und Motorik erleichtert.

Es gibt eine spielerische Verbindung zwischen improvisierter Klaviermusik, Singen und wechselnden motorischen Koordinationsaufgaben, die das motorische Gedächtnis und andere spezifische Hirnleistungen stärken. Heute wird das besondere bei alten Menschen eingesetzt, um sie geistig und körperlich beweglich zu halten. Auch etwas, was Hengsti wichtig war: Die Beweglichkeit. Sowohl im Kopf als auch im Körper.

In meiner Erinnerung gab es keine Musik, wenn wir unsere Übungen bei Hengsti machten. Manchmal gab sie mit der Triangel einen Takt vor. Oder habe ich es vergessen?

Geschicklichkeit

Meine liebsten Spiele waren Geschicklichkeitsaufgaben, die meist in eine spielerische Situation integriert waren. Wir sollten uns vorstellen, dass wir auf dem Meer seien. Die Holzhocker wurden umgedreht und waren unsere Schiffe, in denen wir standen. Um uns herum das Meer. Und dann holte sie kleine Spielzeuge. Feste kleine bunte Papierbälle, Gummitiere (die ich als Kind gesammelt habe und … wo sind die eigentlich hin verschwunden?), Glasmurmeln. Die mussten wir nur mit den Füßen greifen und einsammeln, also in unseren Stuhl holen. Nur mit den Füßen.

Die Dinge, die sie für ihre Übungen verwendete, waren für mich magisch. Hübsche Dinge, kaum Plastik nichts Hartes, alles war weich und bunt und angenehm zu ertasten, war verspielt und bunt.

Jetzt fallen mir auch die bunten Papierbälle wieder ein, die wir durch Blasen in der Luft halten mussten. Die wir uns zuwarfen und dann nur mit der Nase annehmen durften. Letztens habe ich sie in einer Ausstellung gesehen und sofort fotografiert. Dinge, die gab es damals im “Chinaladen” zu kaufen. Wieder eine andere Kultur fällt mir gerade auf, die sie uns wie nebenbei nahebrachte.

Bewegung und Ruhe

Ich habe mich immer schon gerne bewegt, war viel draußen, aber Hengstenberg hat mir nicht nur eine wilde, sondern auch eine stille Art der Bewegung beigebracht. Eine innere Bewegung. Sie hat mir gezeigt, dass ich auf meinen Körper hören kann. Nicht erst, wenn ich Muskelkater oder eine Zerrung habe, sondern dann, wenn ich still auf dem Rücken liege und in mich hinein horche. Etwas, was ich später beim Yoga oder Thai Chi gesucht und wiedergefunden habe. Eine Bewegung, die von innen nach außen geht und von außen nach innen. Achtsamkeit und etwas Sanftes.

Elfriede Hengstenberg

aus: Entfaltungen

Am Ende  jeder Stunde, sollten wir uns auf den Rücken legen und die Augen schließen. Wir legten uns hin und hörten ihrer Stimme zu, mit der sie uns aufforderte, jedes einzelne Körperteil zu entspannen. Hengsti hat mir beigebracht, wie ich mein Blut in meine Füße und Hände schicken kann, so dass mir warm wird. Wie ich in den Boden einsinken kann, mit meinem Körpergewicht. Das habe ich als Kind häufig gemacht, wenn ich im Bett gefroren habe. Das war Körperbeherrschung, aber gleichzeitig ein Loslassen, geschehen lassen.

Später hörte ich dann den Begriffe: “Autogenes Training” und stellte überrascht fest, dass wir genau das immer gemacht hatten. Und ich es schon “konnte”. Sich zur Ruhe bringen, nach einem aufregenden Tag.

Wenn ich bei Hengsti auf dem Boden lag, sah ich Bilder, stellt ich mir mein Leben vor. Dort in der großen Villa konnten alle Träume riesig werden, alles war möglich, weil Hengsti es uns zutraute. Und wollte, dass wir über uns hinauswachsen. Das Gegenprogramm zu Schule. Zu Einengung. Zu Sitzen und sich belehren lassen.

“Regeneration geschieht von selbst, wenn die Organe Raum haben, sich so zu entfalten, dass sie von Atem und Durchblutung fortlaufend belebt werden. Dann besteht ein Gleichgewicht zwischen dem Verbrauch an Energie und ihrer Erneuerung.” (Aus: Entfaltungen S. 150)

Heute finde ich es erstaunlich, wie sehr sie Dinge vorweggenommen hat, die später erst langsam populär wurden. Parkour oder Freeclimbing. Meditation, Yoga und Autogenes Training. Und ich bin extrem dankbar, dass ich das alles zu einem Zeitpunkt gelernt habe, als Körper und Geist dafür ganz offen waren.

Auch, wenn das Wort im Zusammenhang mit Bewegung vielleicht umstritten ist, habe ich für Elfriede Hengstenberg den Hashtag #aufrecht ausgewählt. Es war nicht nur Bewegung, es war – Haltung. Im Leben zum Leben. Und ich bin sehr dankbar, für alles, was ich von ihr gelernt habe.

 

#Schreiben Masterclass*Schreiben

Masterclass*Schreiben #1 Planung

27. Oktober 2021
Masterclass*schreiben Planung
Masterclass*Schreiben – Planung

Masterclass*Schreiben Katrin Bongard PlanungIch entwickle eine Masterclass*Schreiben. Gerade bin ich mitten in der Planung, denn ja, ich bin eine gute Planerin. Etwas, das ich beim Schreiben gelernt habe und was mir beim Schreiben immer geholfen hat. Also jetzt eine Masterclass!

Juhu! Das habe ich schon so oft begonnen und dann doch wieder zurückgestellt, weil ich es besser machen wollte.

Denn – es muss epic werden. Royal. Liebevoll. Immerhin will ich allen angehenden Autor:innen helfen, ein Buch zu schreiben UND herauszubringen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie  es war, als ich angefangen habe, mein erstes Buch zu schreiben. Viele Anfänge, viele Versuche.

Es kostet viel Mut und Kraft, sich mit seiner Kunst, seinem Schreiben, seinen Gedanken nach draußen zu stellen. Sich zu zeigen. Wenn ich dabei nicht helfe, was nützen dann alle Tricks zum handwerklich besseren Schreiben – die der Kurs natürlich auch enthalten muss. Und dann – all meine Erfahrungen zum Veröffentlichen. Unbedingt! Ich möchte euch alle an den Punkt führen, an dem ihr einen Buchvertrag ergattert.

Lernen und Lehren

Masterclass*Schreiben Katrin Bongard PlanungOkay, gerade spüre ich, dass ich aus einer Lehrerfamilie stamme. Mein Vater war Hochschulprofessor, meine Mutter Dozentin, meine Tanten und Onkels sind fast alle Lehrer:innen. Irgendwann schlägt das dann auch mal durch, ha, ha.

Wobei ich mich nicht als Master:in sehe, sondern den Kurs als etwas, mit dem du dein Schreiben meistern kannst. Es ist deine Masterclass und ich bin eher eine Kung-Fu-Fighterin für dich. Jemand, die dich fit für den Erfolg macht.

Oder eine Zen-Meisterin, die dir hilft, die Geduld zu bewahren. Bis zum Ende deines Schreibprojekts.

Form und Inhalt

Dafür ist die Masterclass. Als Künstlerin möchte ich auch, dass sie schön wird. Tolle Farben, eine wunderschöne Ästhetik. Denn ich lerne auch besser, wenn mir die Aufmachung eines Kurses gefällt. Nicht zu sachlich. Schöne Slider. Auch locker und entspannt. Heiter! Das ist eine Menge. Tja und dann, sozusagen on top, möchte ich, dass es wertvoll ist. Für andere, für die Welt. Nicht nur wirtschaftlich erfolgreich, sondern auch eine schöne Sache, die die Welt besser macht. Menschen hilft. Dir.

Und, tja, das ist viel mehr Arbeit als ich am Anfang dachte! Viel mehr Überlegung, viel mehr Eintauchen und Schwimmen lernen. (Und auch der Grund, weshalb ich gerade nicht so viele Bücher veröffentliche). Und gleichzeitig ist es eine große Freude. Ja, man sollte überhaupt nur Dinge machen, die einem Freude machen, zu denen man stehen kann, die man liebt. Richtig, ich bin ein wenig verliebt in meine Masterclass.

Ich liebe Prozesse

Planungsphase Masterclass. Vielleicht weißt du, dass ich Prozesse spannend finde. Möglicherweise ist es der Grund, warum ich so gerne Bücher für junge Erwachsene schreibe, denn in diesem Alter ist man ständig in Veränderung, das ganze Leben ist ein sich ständig ändernder Prozess. Und es ist  auch für mich als Künstlerin wichtig, immer im Prozess zu bleiben, zu sehen, was passiert, alte Ideen wieder zu verwerfen, neue zuzulassen.

Bis bald

xoxo

Katrin

#masterclass*schreiben #schreiben #schreibtipps

#Kunst #Travels

Kunst & Meer 2021

3. September 2021
Kunst & Meer
Kunst und Meer

Mittelmeer, wo bist du?

Jede/r kennt diesen Moment im Leben, wenn etwas Altes – die Beziehung, eine Arbeit, eine Beschäftigung, ein Wohnsitz – ausgelebt ist und die Sehnsucht nach etwas neuem entsteht. Zu diesen Zeitpunkten meines Lebens reise ich gerne. Suche nach neuen Eindrücken, frischen Bildern, anderen Lebensweisen.

Dazu kam, dass ich mein Stipendium des Deutschen Literaturfonds dafür nutzen wollte, für ein Buchprojekt zu recherchieren. Dafzu wollte ich ans Mittelmeer reisen, die Situation während Corona auf den Campingplätzen in Frankreich erkunden, all das, was meine Protagonist:innen erleben würden, leben. Schreiben ist für mich eine künstlerische Tätigkeit, etwas zu dem ich inspiriert sein möchte, das weniger ein Job ist, sondern mehr eine Berufung. Daher war klar, dass es nicht nur um Fakts gehen würde, sondern um den besonderen Vibe der Reise, die Stimmungen, die Atmosphären an bestimmten Orten.

Roadtrips spielen auch in meinen Büchern oft eine Rolle, weil sie Reisen sind, die nur ein Ziel haben: Zu sich selbst zu kommen. Allerdings kein dramatisches:  “Ich will noch mal das Meer sehen bevor – ich sterbe”, sondern eher: “Mal sehen, wie ich so bin, wenn ich mich mal wieder in eine unerwartet neue, kreative Situation bringe.”

Improvisation

Improvisation heißt für viele: Das Beste aus einer Sache machen. Weil die Zeit fehlt oder die Ausrüstung.

In der künstlerischen Praxis bedeutet es für mich noch ein wenig mehr. Nämlich mich unabhängig von Gegebenheiten oder Material zu machen und das, was ich mache auf das Wesentliche zu reduzieren. Die Aussage, die Botschaft, wobei es dabei nicht um eine Nachricht geht, die man 1 zu 1 entschlüsseln kann, eher eine Energie und ein Gefühl, was ich treffen möchte. Improvisation bedeutet Unsicherheit und Ausprobieren, es heißt aber ganz oft auch, die beste Lösung zu finden, die noch niemand vorher erdacht oder erschaffen hat. Etwas Neues.

Auf einem Roadtrip heißt es für mich auch, mich auf immer neue Situationen einzustellen, eine starke und sichere Position zu finden, unter allen Umständen.

Camping bei einer niederländischen Künstlerin in Portugal

Ich gebe ganz offen zu, dass Camping für mich kein Sehnsuchtsort ist. Hey, was spricht gegen ein schickes Hotel, eine großes Bett und frisches Bettzeug?

Auf dieser Reise gab es alles, Schlafen im Wagen, im Mini- und Maxizelt, im Designerhotel und sogar den Komfort eines Glampings, was die beste Kombination ist, wenn du in der Natur sein möchtest (auf Strom, Wlan verzichten kannst) und trotzdem auf einem weichen Bett mit frischem Bettzeug liegen und eine eigene Terrasse bewohnen möchtest. Glamp away.

Wenn du also auch eine Partner:in hast, die gerne campt und selber lieber in einem weichen Bett liegst, dann ist Glamping die beste Alternative, die ich empfehlen kann.

In Sao Luis war das dann sogar sustainable möglich, also mit Torftoilette und Solar-Beleuchtung.

Nachhaltigkeit und Kunst

Was mit an dieser Stelle und diesem Ort klar wurde: Umweltbewusstsein kann und möchte ich auf jede Situation meines Lebens anwenden. Also auch in der Kunst. Da ich viel mit Farben und (giftigen) Pigmenten arbeite, war mir klar, dass ich hier eine größere Bestandsaufnahme gehen muss.

Kunst & Meer Katrin Bongard

Glamping in Portugal

Vieles, was ich auf der Reise gesehen habe (und auch Thema meines Buchprojekts werden wird) hat mit dem bewussten Umgang mit – allem – zu tun. Das lag nicht nur, aber natürlich auch and der besonderen Corona -Sitauion. Denn 2021 musste man eigentlich noch überall eine Maske tragen und den Impfpass vorzeigen. Der bewusste Umgang – nicht nur mit der Umwelt und Energie, auch und en Begegnungen mit Menschen, der Ernährung.

Während die Übernachtungen eher improvisiert waren, gab es gut geplante Besuche in Museen, Sehenswürdigkeiten (was für ein Wort …) und Kunstorten, die auf der Strecke lagen oder für die wir einen Umweg gemacht haben.

Als Künstlerin interessiert mich Kunst in Museen immer auf zwei Werte: Was ist ausgestellt und wie wird es präsentiert. Beides gehört für mich zusammen, auch in meiner künstlerischen Arbeit.

Und mich interessieren kleines Kunstorte und Galerien oder unabhängige Projekte genauso wie die großen Museen mit den großen Bildern. Moderne Kunst, genauso wie historische. Junge Künstler:innen ebenso wie alte Meister:innen.

 

Kunst &Meer

Anselm Kiefer in Bilbao

 

Kunst und Leben

Es gibt Menschen, die fragen mich, warum ich – überhaupt – Kunst mache? Was kann man daran verdienen? Was habe ich davon? Kunst & Meer – Kunst ist mehr.

Denn es gibt die großen Museen, die trotz Corona-Auflagen und Mundschutz besucht waren. Und – auch wenn ich hier in Bilbao praktisch allein mit Anselm Kinder und seinen grandiosen Sonnenblumen bin – das Museum war sehr gut besucht.

Im LUMA in Arles mussten wir vor den kleinen Räumen Schlange stehen, da sich immer nur eine bestimmte Anzahl von Leuten im Raum aufhalten durfte. Und wir haben gewartet, mit vielen anderen internationalen Besuchern.

Kunst bringt Schönheit, Klarheit und Inspiration in unser Leben. Aber genauso das Gegenteil: Fragen, Verstörung, Zweifel. Denn all das gehört zum Leben. macht es spannend, abwechslungsreich – reich.

Das liebe ich an der Kunst, die Möglichkeit, mich mit diesen Fragen und ihren Antworten auseinanderzusetzen. Die Leinwand oder einen Ausstellungsraum zum Improvisationsraum, Labor, Studio zu machen, weil ich dort etwas herausfinden kann. Über mich, die Welt, das Leben, das was uns hier alle beschäftigt, auf der Erde und darüber hinaus.

Kunst und Inspiration

Ich bin sehr inspiriert von dieser Reise zurückgekommen. Besonders beeindruckt hat mich eine Reihe von Arbeiten im LUMA von Pierre Hyghe.

Mental images can flow from one mind to another, outside the field of appearance, like a synthetic telepathic conversation. They can also be externalized from the minds of the subjects and manifest physically. It would then be possible to witness the creation of a collective imagination, as in a neural ritual. Mind’s Eyes are mental images extracted from UUmwelt, artefacts of the field of the imaginary, precipitated occupying space. They are in an ambiguous continuity between visual human imagination, artificial intelligence, data and matter.
Pierre Huyghe

Die Videoarbeit stand in einer der noch umrenovierten Fabrikhallen auf dem Gelände des LUMA. Hier siehst du einen von insgesamt fünf oder sechs Bildschirmen, die über die Halle verteilt waren. Der Kontrast des staubigen Bodens zu den Hightech-Bildschirmen, die nicht nur von KI gesteuert werden, sondern auch auf die Betrachter:in reagieren. Wie perfekt der Ort und die Arbeiten miteinander harmoniert haben. Und wie die Arbeiten auf uns – die Betrachtet:innen – reagieren. Genial . Alles ist im Wandel.

33 Frauen

33 Frauen – #5 Madonna Louise Ciccone

8. Juli 2021
Madonna #33 Frauen bold
chrisweger - Madonna Rebel Heart Tour 2015 - Stockholm
Madonna Louise Ciccone – oder einfach Madonna

Vielleicht ist das jetzt eine Überraschung. Madonna! Ausgerechnet?

Ja, absolut. Und in der Ecke meines ICH, in der Madonna lebt, ist noch viel mehr: Klunker und Klimper, Trash und Punk, Cowboyboots und Country Music, Trivalkunst und rosa Lippenstift, Champagner und auch mein Rebel-ICH.

Like a Virgin

Das erste Mal habe ich Madonna Mitte der 80er Jahre wahrgenommen. Nach der Zeit der Hausbesetzung und dem Scheitern einer Künstler-WG, als ich in einer Fabriketage in Kreuzberg gestrandet bin.

Damals habe ich mir die erste Platte von ihr geholt. Ich wusste, es beginnt eine neue Phase in meinem Leben, eine, bei der ich mich nur und hauptsächlich auf mich selbst werde verlassen müssen.

Platten kaufen war in dem unsicheren Lifestyle damals, ohne eigenes Zimmer und Plattenspieler, ohne viel Ballast (vieles war bei der Räumung des besetzten Hauses verloren gegangen), eigentlich keine Option. Musik war noch nicht digital verfügbar, aber das war nicht der Punkt. Was mich bewog, die Platte anzuschaffen, war – das Cover.

Ich mochte den Vintage-Look, aber vor allem diesen leicht provokanten Blick von Madonna. Dass sie überhaupt auf dem Cover ihrer LP war, sich so inszenierte.
Angepisst und lasziv zugleich. Perfekte Balance. Die Musik war poppig, doch da war noch etwas anderes. Etwas Lautes.

Eine Frau, die provokant und punkig und glamourös war. Irgendwie alles zugleich. Und das war in den 80ern nicht selbstverständlich.

Gelebte Freiheit

Auf einmal war Madonna überall – jedenfalls für mich. Mir ging es nicht gut und ich musste mich richtig überreden, mir etwas Gutes zu tun. Leicht und hoffentlich unterhaltsam. Ins Kino zu gehen. Irgendwo am KuDamm.

So landete ich in dem Film: Deseperately Seeking Susan. Ein netter Independent-Film, der durch den Auftritt von Madonna auf einmal ein Weltereignis wurde. Umgeschnitten und angepasst auf den aufstrebenden Popstar. Und das Video zu dem Song Material Girl wurde einfach als Vorfilm gebracht. Spielfilme sind keine Realität, aber manchmal kommen sie der Realität so nah, dass ein Film sich wie eine eigene Vision anfühlen kann. Er weckte mich aus meinem Trauerzustand, elektrisierte mich. Ich kann, darf leben! So, wie ich will.

Der ganze Film kam mir wie ein Musikvideo vor, in einer Zeit, in der Musikvideos gerade erst aufkamen. Der vielleicht einzige Film, für den Madonna gelobt wurde, dabei war sie – einfach nur sie selbst.

Material Girl

Und was sang sie da überhaupt?

Some boys kiss me
Some boys hug me
I think they’re ok
If they don’t give me proper credit
I just walk away
They can beg and they can plead
But they can’t see the light (that’s right)
‘Cause the boy with the cold hard cash
Is always Mister Right
‘Cause we are living in a material world
And I am a material girl

(aus: Madonna Material Girl. Songwriter: Peter Brown / Robert Rans)
Olavtenbroek - Eigenes Werk Madonna, Rotterdam, August 26, 1987

In ihren Songs ging es um Männer – aber irgendwie auch nicht. Männer wurden nicht angehimmelt oder verehrt, geliebt und bewundert, sondern entlarvt.

I’m not afraid to fall a hundred times

And I’ll believe in all your silly lies

I’d like to think that I could change your mind

Don’t say that I am blind, I know all about your kind

He’s a pretender, yeah you meet him every day.

He’s a pretender, that fish that got away.

He’s a pretender, why’d I fall in love

(Madonna Pretender:Songwriter: Billy Steinberg / Tom Kelly)

Musikerinnen in den 80ern

Wenn sie sich am Anfang scheinbar dem Klischee von einem Popsternchen anpasste und auch die üblichen Love Songs sang, dann gab es doch einen kleinen Shift. Etwas, was sie näher an Patti Smith, Annie Lennox oder Björk rückte: Selbstbewusstsein, Stärke/Power, Eigensinn.

Patti Smith, Annie Lennox oder Björk – gefielen mir damals sehr. Ich erinnere mich an Björk, schwanger auf der Bühne, mit ihrer Band den Sugarcubes.

Doch diese Musikerinnen waren androgyner. Letztendlich unsichtbarer für Männer, weniger provokant, weniger … weiblich. Ein Trick, eine Möglichkeit, sich gegen Angriffe und Übergriffe zu wehren. Aber ich wollte nicht ausweichen. Und genau das sah ich bei Madonna.

Weiblichkeit

Die Art, wie Madonna zu ihrer Weiblichkeit stand, war neu. Ein Mix aus Weiblichkeit, Verführung, Provokation und Gesellschaftskritik. Ein unmöglicher Mix – fanden einige.

In 1989, she starred in a Pepsi commercial that was pulled because of controversy over the music video for “Like a Prayer,” which featured burning crosses and showed Madonna kissing a black actor portraying a saint.

Madonna was paid $5 million for her Pepsi commercial, which aired on March 2, 1989, during NBC’s “The Cosby Show.

The problem came the next day, when the music video premiered for “Like a Prayer.” The video included stigmata and other religious imagery. (Quelle)

Hätte sie das nicht vorausahnen können? Sich anpassen? Das, was man von Frauen eigentlich immer erwartet? Und das ist das, was ich an Madonna wirklich mag. Sie passt sich nicht an. Sie macht einfach.

Madonna ist die Herrscherin ihrer künstlerischen Aussagen. Sie ist die Queen ihres Imperiums, immer Verkünderin der eigenen Botschaft.

Trotzdem war Madonna nicht ganz allein in diesem Universum. Debbie Harry, Blondie oder Cindy Lauper hatten einen ähnlichen Look wie Madonna. Blonde Haare, rote Lippen, riesige Ohrringe. Dazu waren sie noch gute Sängerinnen, die auch schauspielern konnten, wenn es nötig war.

Was Madonna ihnen voraus hatte und hat, ist ihre Performance. Und auch das faszinierte mich. Der Auftritt. Die Show. Ihre Art, jeden Auftritt in einen Event zu verwandeln, bei dem Tanz, Choreographie, Licht, Musik und ihre eigene Performance praktisch gleichwertig nebeneinander stehen.

Szenographie

Madonna live bei der Re-Invention World Tour, 2004 Digger24 Dass Madonna nicht singen kann, darüber waren sich die Musikkritiker:innen früh einig. So what? Madonna kam ursprünglich von Tanz, sie konnte tanzen.

Jedes Konzert ist ein Statement. Und Madonna die Königin dieses Universums, das gar nicht so oberflächlich ist, wie es auf den ersten Blick wirken könnte. Denn Madonna nimmt von Anfang an Haltung ein: Ist provokant wie die Rock’n´Roller der 60er, die Rocksänger, der 70er, die Punks der 80er.

EroticaGirlieShowUnderGround.jpg: Hans Schaft derivative work: GianniG46 Outfit, Bühnenshow, Gestik, die Art, wie getanzt oder verformt wird, das alles ist die Botschaft.

Irgendwie ist es gar nicht mehr so wichtig, wie gut sie singt. Die Energie auf der Bühne, der Zusammenhalt ihrer Crew, der ganze Event – ist Szenografie – ist Kunst.

Feminsimus

Dazu kommen starke feministische Aussagen, die sich erstaunlich gut mit Korsagen und Spitz-BHs, mit Sadomasochismus und sexuellen Gesten vertragen. Madonna – eine Feministin der dritten Generation.

Ihre Bühnenshows und Videos schließen androgyne Menschen, Transsexuellen und Drag Queens ein. Und ihre größte und erste Community hat sie in der Gay-Community (ähnlich wie Lady Gaga) gefunden.

Making Of Madonna

Madonna kritisiert alte Rollenbilder, Intoleranz, die Kirche. In ihren Auftritten waren vulgäre oder anzügliche Gesten Teil der Provokation und gleichzeitig gelebte Freiheit. Ich kann tun, was ich will. 

Hans Schaft - MadonnaUnderground Photo taken by a fan during one of the concerts in 1990Ich war noch nie in einem Madonna-Konzert. Alle Auftritte von ihr kenne ich aus Musikvideos oder später aufgezeichneten Bühnenshows und das ist vollkommen okay so. Ich will nicht das Fangirl vor der Bühne im Publikum sein, sondern wäre lieber hinter der Bühne. Ich wüsste gerne, wie dieses Maschinerie funktioniert. Und auch das hat mir Madonna gegeben.

In Bed with Madonna (AT Madonna: Truth or Dare) ist ein Dokumentarfilm, der während ihrer Blond Ambition World Tour (April bis August 1990) von Alek Keshishian und Mark Aldo Miceli teilweise in Farbe und teilweise in Schwarzweiß gedreht wurde.

Die Bühnenauftritte in Farbe, das Leben danach und davor in Schwarz-Weiß. Und für mich ist es so: Ihr Leben wird erst auf der Bühne bunt und aufregend und Madonna privat, ihre Ehen und Kinder, ihre Erziehung und ihr Glaube an Katholizismus und Kabbala haben mich nie wirklich interessiert.

Und obwohl ich faszinierend finde, wie viele künstlerische Seiten sie neben dem Tanzen und Singen und Performen ausgelebt hat, inspirieren mich ihre Versuche in diesen Bereichen wenig.

Madonna Fakts
  • Madonnas Mutter starb 1963 im Alter von 30 Jahren an Brustkrebs, sie war zu dem Zeitpunkt fünf.
  • Der US-amerikanische Fernsehsender VH1 kürte sie 2012 zur Greatest Woman in Music.
  • An der High School gehörte sie zu den besten zwei Prozent mit einem IQ von 140
  • 2020 wurde sie vom Billboard-Magazin zum größten Music Video Artist „aller Zeiten“ gekürt.
  • Madonna begann eine Tanzausbildung an der University of Michigan, brach sie jedoch ab.
  • Laut Time-Magazine gehört sie zu den 25 mächtigsten Frauen des vergangenen Jahrhunderts.
  • Das Rolling Stone Magazin nennt ihre Blond Ambition Tour (1990) „die großartigste Konzerttour der 90er-Jahre.“
  • Sie ist die kommerziell erfolgreichste Sängerin der Welt und auf Platz 4 der weltweit erfolgreichsten Interpreten.
Madonna forever

In den achtziger Jahren war noch nicht vorauszusehen, ob Madonna nur ein kurzer Pop-Komet sein würde, der mal eben vorüber schweift oder ob sie bleiben würde, ein Fixstern am Himmel des Musikgeschäfts. Und in gewisser Weise bin ich stolz, dass ich sie mir als Leitstern für bestimmte Ziele in meinem Leben erwählt habe, denn sie ist immer noch  – da.

 CandyShopAmsterdam.jpg: KarenBlue derivative work: Robot8A - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: CandyShopAmsterdam.jpg: Lange bevor ich Drehbücher oder Bücher geschrieben habe oder im Filmbusiness arbeitete, hat mich beeindruckt, wie stimmig das Gesamtpaket, die Marke Madonna, ist

Mit dieser wilden Mischung von Stilen und Auftritten, Ansichten und Kostümen, Freund:innen und Fangruppen ist mir Madonna ganz nah. Und auch mit dem Wunsch, sich nicht festzulegen.

Von Madonna habe ich gelernt, dass es geht: etliche Facetten zu zeigen und trotzdem eine Haltung einzunehmen. Unkonventionell, laut, zickig, aber auch feministisch, engagiert und emphatisch zu sein. Im Grunde: Das zu sein, was man gerade sein möchte. Egal, was anderes von einem Denken oder worauf sie dich gerne festlegen wollen.

#Bold

Kurz: Wenn ich mir eine große Schwester auswählen könnte, wäre es Madonna.

Du hast mir viel beigebracht. Thank u.

#Schreiben

The Heroine’s Journey

26. März 2021
The Heroine’s Journey

The Heroine’s Journey is a separate narrative structure from the Hero’s Journey. It Exists. It has always existed. (Gail Carriger – The Heroine’s Journey)

Never was the publication of a book more exciting for me. I read so many books about story writing and script writing but one piece was still missing. One perspective. And here it is. Gail Carriger, super intelligent, an academic, a fast writer of novels most would shame for being trivial, wrote it: The Heroine’s Journey by Gail Carriger.

A book about the Heroine’s Journey, my friends, needs more words. And if you don’t intend to read Carriger’s book, I hope you will when I tell you, what’s all about and why it so important. Not only for writers but also for readers.

I decided to write this article in Englisch, because it’s too important (not my writing but this topic) to write it in German. But keep in mind, that I’m not a native speaker, my English is very likely not perfect and a bit rocky. Please send me a comment, if you find something really weird or wrong.

So I’m going to explain everything about the heroine’s story but first, let me go back to the times, were there was only a Hero’s Journey – or – we writers and screenwriters thought so, because the Heroine’s Journey was always there.

The Hero*s Journey

The Hero’s Journey is the story model we all know. At least unconsciously. A super strong hero (or  a heroine!) must leave the familiar world and goes on a journey. The (and I stick with “hero” but it could also be a heroine) hero first refuses and then goes on his journey.

He meets his mentor, gets advice and stays on his quest to gain a certain goal: A sword, a special place, a kingdom, the grail – whatever. Also: A wife. Yes, a wife is a goal in the Hero’s Journey, because it’s all about goals and winning.

The Hero’s Story is not about love and compassion, it’s about a quest. About winning and getting things, about being the best in the field, the winner.

Sounds familiar? Sounds like you know this from life? Your work place? Your University? Getting a degree? Getting a work place, climbing up the ladder to be at the top? Well. We all know this story, we grew up with it. If you’re a winner, you fight all along to the top.

This is ist also the crucial thing about the Hero’s Journey: It’s always about getting and winning and being on a quest. Never about grounding and founding and settling. And it’s also the most significant difference between the Hero’s and the Heroine’s Story.

The Lonesome Hero

When the hero reaches his goal – after fights against villains, after hard work, after winning his different goals – he is still alone. Coming back is possible, but starting a family? Living a life in the community? Is not in his book. He only waits for the next journey to come. The next world to save.

Heroine's Story

Isis Louvre Paris

We all know this kind of hero. He fights for – whatever – he ist successful and he returns – only to go on the next quest. And – this is important – he always and forever stays alone. And if you disagree, because the hero has a love interest and maybe has rescued her or him – think of all the superheroes. For example Spiderman. The hero maybe is in love with someone – but in the end, he has to leave and save the (next) world.

This story model is very archaic but it’s the story model most superhero movies are based on. And most of the crime stories and most of the fantasy stories. And this is okay. It’s still good to know, that they are strong and heroic creatures out there, that fight for goals. Think of soldiers. (Well maybe and hopefully an obsolete job in the future).

But there are people – not necessarily women – who crave for other goals and stories. This story is the Heroine’s Journey and it’s time to recognise it.

The Heroine’s Journey

With great relieve I now turn to the Heroine’s Journey. Which – like I mentioned – was always there.

Carriger retells three example stories of goddesses to introduce us to the concept of the Heroine’s Journey: Demeter, Isis and Inanna. “… three Heroines’ Journeys myths to help provide a foundational understanding of this core narrative.” She provides us with the narrative beats of the Heroine’s Story. (Position 687 Kindle Edition):

  • The Descent (loss or separation)
  • Familie network is broken
  • Pleas are ignore, abdication of power, involuntary withdrawal
  • Isolation, danger, risk
  • The search, disguise/subversion
  • Attempt to rebuild community
  • Underworld and the following ascent
  • Success in her search
  • Negotiations and Compromises that benefit all
  • A new network is re-etablished in an altered form (revenge & glory are irrelevant)

The Heroine’s Journey is one of building teams, creating cohesions, forming social relationships, ensuring civilizations and posterity. It also seeks balance and compromise. (G. Carriger, Position 698 Kindle edition)

Abbildung aus Meyers Konversationslexikon von 1888 - Demeter (Relief aus Pompeji)

Demeter – Meyers Konservationslexikon

Not every Hero’s Journey contains all the beats and it’s the same with the Heroine’s Journey. What is important: The Heroine is also on a quest – but she doesn’t think, she had to fight alone. She seeks for allies, she makes compromises and negotiates. And in the end – she finds a new network or community.

“A heroine will compromise to achieve that goal. This is not a weakness. This is the very definition of what makes her a strong protagonist within the framework of this journey.” (Pos 1121 Kindle Edition)

Well, maybe you notice, that there are many stories out there, that are like the Heronie’s  Story. Right.

Lovestories and other Heroine’s Journeys

Harry Potter is a Heroine’s Journey. That is maybe a surprise. (Read more about it in Carriger’s book). Harry lost his family and is finding a new one at Hogwarts and later on in his friends. And when he is on his journey, he uses the abilities of Hermine or Ron and cares about them.

“The heroine (male or female) is in a position of greatest strength when she is in a group.” (Pos 1307 Kindle Edition)

Romance stories are also most of the time Heroine’s Journeys.

“This is why engagements, weddings, parties, and sex scenes are so important in Heroine’s Journey narratives – this tend to highlight ask three kinds of intimacy at once.” (Pos 1312 Kindle Edition)

The Definition of Success

The Heroine’s Story also changes the definition of success. Heros fight for certain goals and achievements. Heroines not so much.

“For our heroine, friendship and found family signify safety and safety is better than glory. A heroine success by building a network. For her, the very definition of success therefore is unity.” (1367 Postion Kindle Edition)

The hero or the concept of the hero – is great, but he or she is very rarely needed in the every day life. And if you like to write more realistic (but hopefully not boring) stories, you may have a problem with the old Hero’s Journey. So if you  ask yourself as a writer, why some structures are not working for your story use the Heroine’s Journey instead. Especially when you’re writing in the romance genre.

Heroes in Heroine’s Stories

Carriger also mentions in her book, that the love interest in romances is often a man who acts and behaves like the hero in the Hero’s Journey. The lonesome cowboy. Arrogant and cold. This very popular character – the bad boy – is loved by most  romance novel readers. And he is mostly changed by a heroine – not very realistic – in a soft purring cat.

It’s very interesting, when Hero’s and Heroine’s Journeys blend in each other. There are endless possibilities for new stories here.

So Carriger’s book is not only a very intelligent book about story structure, but also a book about the future of writing, and our society, comment on Pop Culture and the relationship between men and women.

More insides

I wrote on the Red Bug Culture Blog about the Hero’s Journey (in German), so check it out, if you’re interested in a simple overlook and explanation. If you want to dig deeper – here is a list of books.

And I spoke in the Red Bug Radio Podcast about the Hero’s Journey and the Heroine’s Journey (also in German).

The Hero’s Journey

The Heroin’s Journey

More

#Schreiben Feminismus New Adult

New Adult – Bridging the Gap

6. November 2020
New Adult

Manchmal frage ich mich, wie alles begann und warum ich dieses Sub-Genre New Adult so liebe, das um 2013 von den USA als Genre-Phänomen nach Deutschland kam und erst die Bestsellerlisten und dann die Schreibvorlieben der deutschen Autor*innen erobert hat. Vermutlich, weil ich glaube, dass hinter diesem Sub-Genre mehr steckt, als nur ein neues Bestsellerphänomen oder zumindest sehr viel mehr stecken könnte.

Wie ging es los?

Wie kam es überhaupt zu der Bezeichnung: New Adult? Ich habe dazu schon 2014 einen Beitrag auf der Red Bug Culture-Website geschrieben, denn New Adult fasziniert mich schon eine Weile:

Das Subgenre wurde 2009 von der St. Martins Press „erfunden“, um schon existierende Stoffe neu einzuordnen und besser herausstellen zu können. Die ersten Autor*innen waren Anglo-Amerikaner*innen.

Es hat sich anfänglich aus dem Genre der Contemporary Lovestory, zwischen Young Adult und Chic-Lit herausgebildet und die meisten Titel sind Liebesgeschichten. Wenn man so will, existiert das Genre ja auch schon, es wurde nicht erst erschaffen sondern nur von Young Adult und Erwachsenen Literatur abgegrenzt.

Wer das ganz ausführlich möchte, dem empfehle ich den Artikel von Emma Stewart über das Phänomen New Adult (in Englisch). Ich habe die PDF auf meinen Blog gelegt. Hier zum Download.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich, als ich 2013 die Bücher von Abbi Glines und Jamie McGuire gelesen habe, zwiegespalten war. War das …  anders verpackte Erotik? War das Schund? Aber dann gab und gibt es excellent geschriebene New Adult-Bücher, die verdienen, Teil der Pop-Kultur zu werden. Mir fiel auf, dass die Bandbreite sehr groß war. Was sie alle verband: Es wurde offen über Sex geschrieben, wenn es um Begegnungen von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen ging. Kein fade to black. Und das fand ich erstmal wichtig. Die ersten New-Adult-Bücher wurden in Deutschland zwar für Erwachsene vermarktet (Stichwort Warengruppe), aber die Protagonist*innen waren jung, meist noch nicht volljährig (zumindest nach amerikanischen Recht). Also war das für mich Literatur für junge Erwachsene, für Jugendliche.

Mir gefiel auch die hohe Emotionalität der Geschichten, denn das Jugendbuch wird ansonsten hauptsächlich von “Themen” beherrscht. Kopf statt Bauch. Starke Gefühle zu zeigen, sie intensive zu beschreiben, hat man eher und besser den Romance-Autor*innen überlassen. Das zeitgenössische Jugendbuch – seit 2005 meine Schreibdomain – sollte sich lieber sachlich mit “Problemen Jugendlicher” auseinandersetzen (siehe die Regale in euer Bibliothek.)

Jugend und Körper

Es hat mich immer schon gestört, dass die Pubertät offenbar eine Zeit ist, die von vielen Erwachsenen gerne klein gemacht wird. Die Zeit, in der die Kinder komisch werden und peinlich und zu lächerlichen Puber-tieren werden und eine Menge Probleme haben, die man dann in Unterkategorien von Sucht, Sex, Stress, Depression aufteilen kann. Denn, hm, waren wir nicht alle mal selbst an diesem Ort?

Klar, hier passiert viel, mit dem Gehirn und dem Körper und das muss erstmal verkraftet werden. Besonders heftig ist es für Mädchen. Jungs bekommen Muskeln und Bartwuchs und damit Zeichen von Power, Mädchen weiche Brüste und Rundungen, die sie verletzlicher und angreifbarer machen. In dieser Zeit beginnt die Phase der große Verunsicherung: Bin ich schön genug? Zu dick, zu dünn und so weiter.

Das sind wichtige Themen im Jugendbuchbereich, doch leider werden sie meist erst dann aufgegriffen, wenn es schon “zu spät” ist. Wenn es ein Problem geworden ist wie Magersucht oder Depression. Auch SickLit genannt. Denn Krankheit erlaubt einem Mädchen (fast immer sind kranke Mädchen die Protagonist*innen) ihre letzten Wünsche zu äußern und endlich zu sagen, was sie wirklich will. Aber warum muss man erst krank werden, um zu wissen, was man will? Ist das die message? Und kann New Adult hier etwas ändern?

New Adult – was und für wen?

Wie war das denn am Anfang? Wie ging es auf dem deutschen Buchmarkt los mit New Adult? Am Anfang – ich spreche hier von 2013/14 – gab es die eher erotischen New-Adult-Bücher, die damals noch nicht als New Adult vermarktet wurden und die bei z.B. Piper auch gerne in der Erotik-Abteilung erschienen. Junge Protagonisten zwischen 20 und 25, das Mädchen fast immer noch Jungfrau, der Mann dagegen erfahren und Typ Badboy.

Aber es gab ja auch schon “Twilight”, ein Jugendbuch, das die Tür zu mehr Emotionalität aufgestossen hatte. Allerdings extrem prüde mit Sex umging. Das hat dann Frau James mit Shades of Grey (ehemals Fanfiction zu Twilight) geändert und Licht ins Dunkel gebracht. Seeehr viel Licht. Irgendwie schien Zu-wenig- zu-viel ein Thema zu sein. Und auch die Frage, wo sich die richtige Zielgruppe für diese Bücher befand oder befindet, war unklar. Während Twilight Autorin Stephenie Meyer der Meinung war, sie schriebe ein Erwachsenenbuch (und ihre Agentin sie dann sanft überzeugt hat, dass das doch eher in die Jugendabteilung gehört), hat Frau James mit einem kindischen Schreibstil den Erwachsenenmarkt erobert. Was war da los? Oder was ist da los, denn immer mehr Erwachsene lesen gerne Jugendliteratur und New Adult. Und viele sagen: Es muss gar nicht anspruchsvoll sein. Ich will meinen Kopf ausschalten.

Und die Jugendlichen? Ich kenne keine Jugendlichen, die ihren Kopf ausschalten wollen, ganz im Gegenteil. Sie wollte allerdings auch nicht immer nur im Kopf sein. Besonders dann nicht, wenn sie in die Pubertät kommen. Natürlich wird Sex ein Thema und zwar ein Großes. Und irgendwie kann uns allen weder Stephenie Meyer noch Frau James und Shades of Grey wirklich weiterhelfen, wenn es um die Frage nach gutem Sex geht.

Es ist interessant, dass New Adult immer noch zwischen den Bereichen oder Warengruppen Jugendbuch und Erwachsenenbuch hin- und herwabert.

Sex sells … und mehr

Wir leben in einer Zeit, in der immer offener mit Fragen zu Sex umgegangen wird. Das ist gut, aber  nicht alles ist so, wie man es als unerfahrene Sexanfängerin braucht. Alles wird aufgedeckt und untersucht, Vaginen prangen auf Buchcovern. Super! Aufklärung!, möchte ich gerne rufen und finde ich sehr positiv, weiß aber gleichzeitig, dass mich das als Teenagerin ungefähr so abgetörnt hätte, wie die Vorstellung vom Sex meiner Eltern. Ich will es schon wissen, aber bitte nicht wie im Sexualkundeunterricht vorgehalten bekommen.

Das Thema Sex in Büchern – und ich meine guten Sex, also “Liebe machen”, beschäftigt mich seit ich als pubertierende Leserin einfach keine Bücher finden konnte, die mir liebevoll und emotional, aber gleichzeitig realistisch und sachlich sagen konnten, wie das geht mit diesen beiden Körpern. Ich war mir nicht sicher, ob ich Frauen oder Männer liebte, so sehr hat mich das alles verwirrt. Und nirgendwo gab es Antworten. Als ich – eher aus Zufall – Jugendbuchautorin wurde, wollte ich das ganz bestimmt ändern. Eine Sexszene zu schreiben ist sicher nicht dass, was man sich wünscht, wenn man morgens aufsteht, übermüdet die Kinder zur Schule fährt oder den Abwasch macht. Oh, und nachher noch die Sexszene schreiben. Ich lernte, dass auch das eine Kunst ist, über die sich übrigens schon einige Autor*innen den Kopf zerbrochen haben. Zum Beispiel Diana Gabaldon.

Als dann mein erstes Jugendbuch (Radio Gaga) 2005 herauskam, gab es Kritik für eine explizite Sexszene von Lehrerinnen, aber Schüler*innen forderten auf Lesungen immer genau diese Szene ein. Was lief da schräg? Ich fand es wichtig, eine gute Sexszene zu schreiben, damit nicht immer mehr schlechter Sex “ausprobiert” wird, an dem dann am Ende wohl eher die Mädchen leiden würden. Aber warum hatten einige Erwachsene so viele Probleme damit?

Nun, New Adult enthält Sexszenen. Selbst, wenn viele New-Adult-Bücher heute nicht in der Erotikabteilung stehen, scheint eine Sexszene dazu zu gehören und findet sich dann meist als Höhepunkt in der Mitte und/oder am Ende des Buches. Klar, wenn es in der Geschichte stark um Sex geht, dann hat der auch eine dramaturgische Funktion. Heißt: Das Zusammenkommen der Partner – auch körperlich –  ist dann tatsächlich ein Höhepunkt/Klimax im Buch und das würde ich auch so schreiben. Anmerkung: Wenn ich lese, dass ein sex-unerfahrenes Mädchen einem Jungen beim ersten Sex den Rücken aufkratzt, dann muss ich das Buch sehr weit wegwerfen und einfach mal hoffen, dass niemand glaubt, was da steht. 

Dass Sex in Büchern nicht immer so wie im Leben sein muss, ist natürlich klar. Trotzdem ist es vermutlich sowohl für Mädchen/Frauen als auch Jungs/Männer frustrierend, sich mit diesen Sexgöttern zu messen, die immer Lust haben, ständig feucht und hart sind und auch keine Problem damit haben, jemanden sofort und am besten ganz eng heranzulassen. Und wenn es dann mal etwas ruppiger zugeht – so sind sie halt, die Badboy. Eyyyy – nein!

(Zum Thema: Inhalte und besonders zu Sex in New-Adult-Büchern hier mehr oder hier, oder hier, denn in den USA wird darüber schon länger diskutiert.)

Feminismus und New Adult

Es tut sich was in Richtung Feminismus. Auch sehr schön. Die dritte Welle der Frauenbewegung lebt. Allerdings ist auch sie nicht unbedingt in vielen New-Adult-Büchern zu finden, was ich extrem frustrierend finde. Ganz klar verkaufen sich zurzeit (nicht nur) die NA-Bücher besser, die ein konservatives Männer- und Frauenbild zeigen. Heterosexuell, versteht sich. Bücher, die sich mit anderen Lebensweisen und Vorlieben, gleichgeschlechtliche Liebe oder oder beschäftigen, landen in Nischen. Argumente der Verleger*innen und Selfpublisher*innen: Die Frau/Leser*in – will es ja so, also warum etwas anderes schreiben?

Viel New Adult orientiert sich eher an den konservativen Leser*innen, die kleine Abweichung im üblichen Beuteschema – Jagd, Fang, Sex, Hochzeit – sofort registrieren und mit verhaltenen Käufen abstrafen. Hier muss natürlich auch jede Autor*in eine Entscheidung treffen, ob ihr der Inhalt oder das Auskommen wichtiger ist. Und welche Leser*innen sie ansprechen möchte.

Eine Autorin erzählt (in einem Podcast), sie hätte ihre ersten New Adult-Bücher (unter Pseudonym) nur aus Gag geschrieben und dafür einfach mal alle Klischees zusammen gepackt.  Ha, ha. Outch! Denn – wenn ich mich recht erinnere, waren es genau diese NA-Bücher der Autorin, die schließlich so gut liefen, dass ihr danach ein Verlag die Möglichkeit für “andere” Bücher gegeben hat. Ein erfolgreiches Format wie New Adult mit Klischees zu überfrachten und für den Einstieg in den kommerziellen Buchmarkt zu nutzen, ist ein schlauer move, aber er verbessert nicht den Ruf dieses Genres und das ist schade.

Sind wir Jugendbuchautor*innen gezwungen uns früher oder später von New Adult zu distanzieren? Ist es dann doch so schmuddelig, das man besser nur unter Pseudonym schreibt und später am besten alles aus dem Verlauf löscht? Ich denke nicht. New Adult braucht nicht noch mehr Trittbrettfahrer mit Klischeestories oder Autor*innen, die es nur benutzen, um danach – endlich – etwas Richtiges zu schreiben. New Adult braucht mehr Autor*innen, die aus dem mittlerweile stark strapazierten Klischees ausbrechen.

Nebenbei bemerkt: Leser*innen sind unsere Fans/Follower/Käufer/Kunden. Wir sollten sie achten und ernst nehmen. Ich glaube auch, dass wir als zeitgenössische Jugendbuch-Autor*innen, (egal ob im Young oder New Adult-Bereich), eine Verantwortung den Leser*innen gegenüber hat. Oder vielleicht sogar als Autor*in überhaupt, aber das ist eine andere Diskussion.

Frauen-Literatur

Das Thema Frauen-Literatur und Frauen in der Literatur (von Männern) beschäftigt mich schon lange, sogar länger, als das Thema Frauen in der Kunst und ihre Darstellung. Ich plane eine Blogreihe über die Rezeption von “Frauenliteratur” aka Romance//New Adult, die mich in Euphorie versetzt, seit ich immer mehr Autorinnen finde, die das Thema ähnlich leidenschaftlich beschäftigt. Denn die Herabsetzung des Liebesroman-Genres hat Geschichte und tiefe Wurzeln, die bis in die Konstruktion von Geschichten gehen. Stichwort Hero’s Journey. Aber dazu in späteren Blogbeiträgen mehr.

Denn leider ist es bis heute richtig, dass, wer nicht nur materiellen Erfolg haben, sondern auch Preise und Anerkennung im Literaturbereich bekommen möchte, schneller und besser mit “anspruchsvollen Themen” ans Ziel kommt. So steigt man hoch auf der (männerdominierten) Erfolgsleiter und das andere ist … Frauenkram. Kinderkram. Pubertär. Bücher, die bestimmte Literaturkritiker lustvoll in die Tonne treten oder rollen lassen. “Sogar”, wenn sie von Männern geschrieben werden.

Ein neues New Adult

Es gibt sie wohl immer noch, die Lücke im Buchmarkt, zwischen Jugendbuch und Erwachsenen-Literatur. Bücher für Menschen, die merken, dass Erwachsenwerden mehr bedeutet, als sich körperlich zu transformieren und Sex, einen Job, ein Auto, ein Haus, eine Partner*in zu haben. Junge Erwachsene, deren Träume über eine materielle Erfüllung hinausgehen. Die nach Orientierung suchen, auf allen Gebieten und denen mit Klischees nicht geholfen ist.

Meine Hoffnung ist, dass ein progressives New Adult sie schließen kann. Warum? Weil es tatsächlich zu viele junge Menschen gibt, die vom Erwachsenwerden überfordert sind und unter Depressionen, Magersucht, Sucht etc, leiden. Wir sollten sie alle ernst nehmen, die Quarterlife Crises, und ich gehe davon aus, dass wir sie alle in der ein oder anderen Form erlebt haben.

Die so genannte Quarterlife Crisis (QLC) bezeichnet einen Zustand der Unsicherheit im Lebensabschnitt nach dem „Erwachsenwerden“, der in etwa im Alter zwischen 21 und 29 auftritt, der Endphase des ersten Lebensviertels. Der Begriff wurde in den USA 1997 in Analogie zur Midlife Crisis gebildet. (Quelle)

Bücher sind nicht immer die beste Lösung für dein Leben. Richtig. Musik, Freunde, Familie, Sport, Kunst und Kreativität sind andere oder weitere Wege. Vielleicht sogar bessere. Aber als Autorin glaube ich an die Kraft der Literatur.

Let’s dream.

xoxo

Katrin

#Making Of Es war die Nachtigall

Making Of – Es war die Nachtigall #2 Romeo und Julia

15. September 2020
Making Of – Nachtigall – Romeo und Julia

“Es war die Nachtigall”  – ist (auch) eine moderne Romeo und Julia Geschichte.

Im September ’20 fahre ich nach Dresden zu Read’n’ Talk. Es sind meine ersten “Lesungen” nach der Corona-Stay-at-home-Situation und es ist auch das erste Mal, dass ich mit Leser*innen live über die Nachtigall sprechen werde, daher fand ich ein erweitertes Making Of eine gute Idee. Okay, Romeo und Julia!

Während der erste Making-Of-Beitrag sich hauptsächlich um die praktische Entstehung des Buchs dreht, geht es in diesem Beitrag:  #2 Romeo und Julia um Inspirationsquellen und Themen des Buches und klärt vielleicht ein paar Fragen, die mir oft zum Buch gestellt werden.

Ein modernes Romeo und Julia

Romeo und Julia – das ist die tragische Liebesgeschichte zweier junger Liebender, die aufgrund der Feinschaft ihrer Familien nicht offiziell zusammenkommen können und am Ende aus Verzweiflung sterben. Wer Romeo und Julia von William Shakespeare nicht kennt, kann die Geschichte hier ausführlicher nachlesen.

Mich interessierte an der Geschichte die Liebesgeschichte, aber noch ein paar andere Aspekte, die nicht so naheliegend sind.

Romeo und Julia

Ich habe Romeo und Julia schon oft im Theater gesehen, als Tanzaufführung und Musical auch schon etliche Romanadaptionen gelesen. Der Stoff ist so populär, dass man schon fast das Gefühl hat, man sollte sich von ihm fern halten. Doch ich dachte mir, was so bekannt und beliebt ist, muss mehr als eine einfache Liebesgeschichte sein. Also wollte ich das Urstück und die Kernaussage verstehen und fragte mich – wo und wann und wie denn eigentlich alles begann? Denn Shakespeare war nicht der Erste, der sich mit dem Stoff beschäftigte.

In der Novellenliteratur der Renaissance wird die Geschichte in den grundlegenden Zügen bereits im Novellino des Masuccio von Salerno 1474 dargeboten; durch neue Eigennamen und zusätzliche Handlungselemente wie etwa die Balkonszene oder den doppelten Selbstmord am Ende erhält sie bei L. da Porto um 1535 ihre vertraute Gestalt. (Quelle)

Und es gibt weitere Vorlagen für den Stoff:

  • Arthur Brookes Epos The Tragical History of Romeus and Juliet von 1562.
  • Sowohl Brooke als auch William Painter mit Rhomeo and Julietta von 1567 benutzten
  • die französische Fassung von Pierre Boaistuau (1559), die wiederum auf
  • Matteo Bandellos Romeo e Giulietta (1554) und
  • Luigi da Portos Giuletta e Romeo (um 1530) zurückgreift. 

Dass eine Geschichte so oft kopiert und weitergereicht wird, ist interessant. Was macht die Geschichte aus?

Dramaturgie der Geschichte

Shakespeare benutzte vor allem Brooks Geschichte als Vorlage, also sah ich mir an, was Shakespeare anders oder moderner als Brooks gemacht hat, denn Shakespeare schrieb seine Fassung 1594–96, also 30 Jahre nach Brookes Fassung. Für das Setting spielte der Zeitunterschied keine Rolle, da die Handlung von Romeo und Julia im 14. Jahrhundert in Verona/Italien spielen soll. Das blieb also gleich. Doch …

Brooks betont in der Vorrede zu seiner Erzählung den exemplarischen Charakter seiner Geschichte. So in etwa:  Hey, Leute, lest das, sehr euch das an, so sollt ihr es auf keinen Fall machen, denn das endet böse. In diesem Fall: Ungehorsam Eltern und anderen Ratgebern gegenüber, Bestrafung der ungezügelten Leidenschaft. (*hüstel*: Sind das nicht genau die Dinge, die Romeo und Julia so interessant machen?)

Hier ist der erste deutliche Unterschied zu Shakespeare, der auf Brookes moralisierende Kommentare verzichtet und sämtliche Reflexionen in das Bewusstsein der Figuren mit ihrer jeweils eingeschränkten Perspektive verlagert . Das ist schon einmal sehr viel moderner.

Die Liebenden stehen genau wie bei Brookes im Konflikt mit der übrigen Welt (der Erwachsenen), aber Shakespeare sucht die Schuld für das dramatische Ende nicht bei den Liebenden. Ganz im Gegenteil. Er macht die beiden sehr viel jünger und damit unschuldiger und legt damit den Schwerpunkt der “Anklage” auf die Eltern(generation). Hey, wenn ihr nicht so verbittert gestritten hättet …

Heirat und Liebe

Geheiratet wurde auch im 16. Jh wesentlich eher aus wirtschaftlichen Erwägungen als aus Liebe. Doch bei Romeo und Julia hätte es kein Problem mit einem Standesunterschied gegeben, sie kamen beide aus reichen Familien.

Der Streit der Familien – die alte Tradition – ist der einzige Grund für die Weigerung der Eltern und Freunde, die Beziehung anzuerkennen. Es ist aber nicht der einzige Grund für den Tod der Liebenden. Auch die jugendliche Ungeduld und Unerfahrenheit führen dazu. Die Hitzköpfigkeit mit der Romeo Tybalt ersticht und daraufhin verbannt wird. Die vorschnelle Annahme, dass Julia tot ist, ohne mal nachzufragen/sehen, was eigentlich los ist. Aber, hey, das macht die Jugend aus. Leidenschaft und Tempo. Und entweder erleben wir das gerade oder erinnern uns sehr gut an unsere Jugend, wenn wir Romeo und Julia lesen oder im Theater sehen.

Liebe

Ich mag die bedingungslose Liebe von Romeo und Julia, die Bereitschaft, alle  Feindschaft sofort fallenzulassen. Liebe ist stärker als Hass.


Die Liebenden versuchen alles richtig zu machen, aber alle und jeder scheint gegen sie zu sein, sie nicht ernst zu nehmen. Obwohl sie doch eigentlich den besseren Weg gehen. Klar macht man da auch Fehler. Gefühle sind in dem Alter intensiv und überschwänglich und der Kopf//Verstand – ist oft nicht unbedingt hilfreich.

Doch wenn ich an Jugend denke, dann sehe ich keine Puber-tiere, über die man lacht, oder die man belehrt, ich sehe Jugendliche die versuchen zu verstehen, wie Erwachsensein geht.

„Der Tod und die Liebe gehören zu den großen Dingen im Leben eines Menschen, das ist für jedes Alter interessant. Man soll Kindern keine Angst machen, aber sie müssen genauso wie Erwachsene von Kunst ergriffen werden.”

Astrid Lindgren, Dagens Nyheter, 8. September 1959
Kunst und Kultur

Unsere Gesellschaft nimmt Kinder nicht ernst, nimmt Jugendliche nicht ernst – genug. Das gibt sich, das hört irgendwann auf, irgendwann wirst du erwachsen und verstehen … Ja, was eigentlich?

Und wie ist es mit der Kunst? Jeder der künstlerisch arbeitet weiß, dass Kunst nicht aus dem Kopf kommt. Nicht nur. Wer künstlerisch arbeitet, ist nicht vernünftig. Künstler:innen gelten als romantisch, versponnen, irrational. Und haben daher mit Kindern/Jugendlichern sehr viel gemeinsam.

Wer Kunst macht, muss lernen, wieder Kind zu werden, mehr auf den Bauch als auf den Kopf zu hören. Doch den Kopf einzusetzen, ist immer noch Sache der “echten” Erwachsenen und Kunst wird daher oft nicht ernstgenommen. Sie ist nur “Spiel” nur Vergnügen. Shakespeare sah das anders. Bei guter Kunst geht es um Veränderung, um persönliches oder gesellschaftliches Wachstum, darum, dass man nicht ankommt, sondern forscht, fragt, neugierig bleibt. Das ist auch die Haltung der Jugend und das hat Shakespeare sehr gut verstanden und mit Romeo und Julia auch seine eigene Arbeit als Autor und Künstler selbstbewusst verteidigt. Die künstlerische Arbeit braucht Offenheit und ihr Tod ist ein Mensch, der (zu)feste Ansichten über das Leben, die Dinge, die anderen hat. Genau wie Romeo und Julias Eltern.

Moderne Adaption

Natürlich hat Shakespeare in einer anderen Zeit mit anderen Werten und Vorstellungen gelebt hat, also musste ich die Geschichte anders interpretieren. Nach einer moderneren Interpretation suchen. Ich sah vor allem eine Verbindung zu den neuen Jugendbewegungen wie Fridays for Future. Wer dort demonstrierte, muss am Freitag die Schule schwänzen. Darüber haben sich viele ältere Berufstätige aufgeregt und einigen Eltern ist es sicher auch nicht recht, dass ihre Kinder Freitag Mittag den Unterricht verlassen. Sie verhalten sich wie die Eltern von Romeo und Julia. Sie wissen, was wichtig und richtig ist. Aber – stimmt das?

Verstehen die Entscheidungsträger unsere Gesellschaft diese Form der Auflehnung und Demonstration? Sind sie bereit für den Wandel? Denn so leicht ist es nicht, sich von alten Gewohnheiten und Ansichten zu befreien. So geht es auch den Familien von Romeo und Julia. Sie sind verfeindet und wissen vermutlich gar nicht mehr so genau warum. Können sie von der Jugend lernen, sich zu versöhnen und gemeinsam für eine friedfertige Zukunft einzutreten?

In diesem Generationskonflikt steckt für mich der hochmoderne Aspekt der Romeo-und-Julia-Geschichte.

Ikonische Szenen

Eine Adaption kann sich extrem an der Vorlage orientieren oder nur sehr lose. Ich wollte auf jeden Fall die wichtigsten Romeo- und Julia Szenen im Buch neu interpretieren. Auch, wenn man das nicht unbedingt erkennen muss. Ich bin mir sicher, einige der Romeo-und-Julia-Szenen erkennt man, selbst wenn man das Stück nicht genau im Kopf hat.

  • Die Balkonszene
  • Die Fechtkämpfe zwischen den Jungs der verfeindeten Familien
  • Die erste Nacht/der Morgen von Romeo und Julia “Es war die Nachtigall und nicht die Lerche …”, sagt Romeo, weil er sich wünscht, es wäre noch Nacht und er könnte bei der Geliebten bleiben.
  • Der missglückte Trick sich tot zu stellen von Romeo, der zum Selbstmord von Julia und dann zum Freitod von Romeo führte.

Romeo und Julia Balkon in Verona.

Das waren Szenen, die mir beim Schreiben sofort einfielen. Die Balkonszene habe ich ziemlich ähnlich in mein Buch übernommen. Die Amme ist in diesem Fall Maries Mutter.

Streit zwischen verfeindeten Gangs? Oh, ja, das fand ich in Bernsteins Musical und Romeo und Julia-Adaption West Side Story schon sehr gut gelöst/getanzt und habe diese Szene auf die Jagd im Wald verlegt, wo Jäger und Veganer aufeinandertreffen

Eine Liebesnacht wollte ich auch haben. Und da es keine Hochzeit geben würde, zumindest einen besondern Ort. Erneut der Wald am Abend und frühen Morgen.

Und dann – das Ende. Romeo und Julia waren stürmisch und unbedacht. Voll Leidenschaft und Ungeduld. Und meine Liebenden sind es auch: leidenschaftlich und ungeduldig, spontan.

Das Ende

Genau wie Shakespeare habe ich von einigen Seiten Kritik für das Ende meiner Geschichte bekommen. Ironischerweise wurde mit den zarten Jugendlichen und Kindern argumentiert, die die Geschichte traurig machen könnte. Hm, ich denke, Jugendliche haben ganz andere Probleme als traurige Geschichten. Ich denke, sie brauchen Rückendeckung und Verständnis für die Dramatik, die sie angesichts ihrer Gegenwart empfinden und auf die viele Erwachsene viel zu abgeklärt reagieren. Welt verändern? Wozu, sie hat doch bis gerade noch gut gehalten.

Und wenn sie nicht mehr hält? Wenn es höchste Zeit ist, aus der Komfortzone zu kommen? Muss erst ein Unglück geschehen, damit wir zu mehr Einsicht gelangen? Und hier hat die Kunst, das Schreiben auch eine Aufgabe, eine Funktion. Oder wie Shakespeare es sagt: Seht euch das Schauspiel an und ihr werdet danach vielleicht einiges besser verstehen und zu neuen Erkenntnissen kommen.

Ach, dieser todgeweihten Liebe Lauf,

Des Elternhauses Wüten, dem ein Ziel

Der beidenTod nur setzt – all das zeigt auf

Zwei Stunden lang der Bühne buntes Spiel!

Wollt ihr es hör’n huldvollen Ohres – wisset

Wir bessern gern, was noch zu bessern ist!

(aus dem Prolog zu  Romeo und Julia von William Shakespeare)

Es war die Nachtigall

Wer Lust hat, mein Buch zu lesen, der findet es hier als Printbuch.

Klappentext: Ökoaktivisten gegen Jäger, Weltoffenheit gegen Tradition, zwei unversöhnliche Lager und eine große Liebe. Die 16-jährige Marie kämpft mit einer Gruppe von Freunden für den Tierschutz und gegen den Klimawandel. Sie will etwas verändern. Bei einem Konzert ihrer Lieblingsband trifft sie ausgerechnet auf Ludwig von Brockdorff, einen leidenschaftlichen Jäger. Obwohl beide vom ersten Moment an eine starke Verbindung zueinander spüren, prallen zwei gegensätzliche Welten frontal aufeinander. Können eine selbstbestimmte Umweltaktivistin und ein traditionsbewusster junger Jäger zusammen sein, trotz aller Vorurteile und der Hindernisse, die die gegnerischen Familien und das Umfeld bedeuten?

Und hier auch als E-Book.

Blurb: *Romeo und Julia im Hier und Jetzt*

Als Marie, die Ökoaktivistin und Veganerin, auf Ludwig, den Erben eines Landguts und Jäger, trifft, steht alles auf Sturm. Dass sie sich mögen, ist eigentlich außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Und dann ist es gerade die Liebe, die ihren Blick weitet.

Ludwig: »Ich setze Marie sanft ab, sie duftet nach sonnengebräunter Haut, kein Parfüm, noch nicht einmal Shampoo. Marie ist – Natur.«

Marie: »Ich bin verliebt. Verliebt in einen Jungen, der auf die Jagd geht, der zwischen Ledersätteln sitzt und liest, der Fleisch isst.«

33 Frauen

33 Frauen – #4 Sheila Kitzinger

29. August 2020
Sheila Kitzinger über dailymail.co.uk

Sheila Kitzinger mit ihren Zwillingstöchtern Nell & Tess 1958

Shiela Kitzinger – Sanfte Geburt

Sheila Kitzinger war eine britische Sozialanthropologin, Aktivistin und Autorin, die über Schwangerschaft, Geburt, Stillen und Erziehung forschte und sich für eine selbstbestimmte und natürliche Schwangerschaft und Geburt einsetzte. 1929 geboren – Ihr Vater ein Schneider, ihre Mutter eine Hebamme und radikale Feministin – und 2015 gestorben. Sie hatte fünf Kinder, schrieb über zwanzig Bücher und ich habe gefühlt alle gelesen.

Ich wollte immer Kinder bekommen, drei oder fünf und zum Glück wollte das meine große Liebe auch. Keiner von uns hatte jemals den Wunsch, sich sterilisieren zu lassen, obwohl das um uns herum in den 80ern der große Trend war. Wieso eine Kind in diese bedrohliche Welt setzen? Ich war mehr Team: Auf jeden Fall großartige Kinder in diese Welt setzen, schon damit sie besser wird. Und ich war mir sicher: Durch diese Erfahrung werde ich wachsen.

“The pleasures of motherhood come from being flexible enough to retain a spirit of adventure, and being able to grow through the mother-child relationship into adult friendship. For that to happen, it is futile to try to train our children into obedience or impose on them our own beliefs. They should not have to live their lives on someone else’s terms …. Then they can become their own free people.” (Sheila Kitzinger/ Quelle)

Sheila war ein Hippie – aber dann doch wieder nicht. Verheiratet mit Uwe Kitzinger, den sie in Oxford traf und 1952 heiratet. Beide hatten fünf eheliche Kinder, ein Leben innerhalb der Gesellschaft und nicht draußen. Sie war superintelligent, aber nicht nur akademisch, sondern auch emotional. Honorarprofessur an der Thames Valley University und gleichzeitig eine leidenschaftliche Mutter. Sie war keine Rebellin oder wollte es nicht unbedingt sein und war es – dann doch.

“She never hesitated to speak truth to power.” (Celia Kitzinger über ihre Mutter/Quelle)

Schwangerschaft & Abtreibung

Meine erste Erfahrung mit Schwangerschaft hatte ich mit 21. Zu früh, ich bekam sofort eine körperliche Indikation, dünn, erschöpft vom wilden Leben. So wird man manchmal schwanger, trotz natürlicher Verhütung mit einem Diafragma, noch gar nicht beim Kinderwunsch angekommen, sondern irgendwie selbst noch ein Kind. Die Abtreibung unter Vollnarkose war ein traumatisches Erlebnis und spülte nicht nur all meine tiefsitzenden Ängst, sondern auch die meiner Mutter wieder hervor, die in Zeiten vor der Pille mehrfach ungewollt schwanger wurde und ebenfalls abtrieb. Willkommen in der Welt der Frauen.

Rex Features, via Associated Press Stockfoto von Nick Skinner für redaktionelle Nutzung, 02.09.1992

Sheila Kitzinger

Erst sieben Jahre später hatte ich mich so weit erholt und mir vergeben, dass ich/wir überhaupt wieder an eine neue Schwangerschaft dachten. Diesmal wollte ich es richtig machen. Bewusst. Denn ich hatte die Zeit nach der Abtreibung gut genutzt. Sowohl um mich selbst besser kennenzulernen, zu trauern und auch, um über die Situation von Frauen in der Gesellschaft nachzudenken.

Und darüber, was Mutter sein hieß. Mutter. War das ein Vollzeitjob? Irgendwie schon. Und das war nicht fair. Also waren viele Partnergespräche wichtig, um das ganz entschieden zu klären: Wir machen das zusammen.

“Birth is a major life transition. It is – must be – also a political issue, in terms of the power of the medical system, how it exercises control over women and whether it enables them to make decisions about their own bodies and their babies. (Sheila Kitzinger/ Quelle)

Ein zweiter Versuch

Sketches by Katrin Bongard

Ich fühlte mich besser vorbereitet. Wir. Doch gleichzeitig war eine Menge Respekt für “die Sache” da. Was würde sich alles – in der Partnerschaft, im Leben – ändern? Schwangerwerden schien immer noch einfach, aber den Mut zu haben, es zu tun, fand ich nicht. Wirklich zu sagen: Jetzt.

Insbesondere die Vorstellung, dafür in eine Krankenhaus zu gehen, machte mir Sorgen. In dieser Atmosphäre ein Kind bekommen? Mit Ärzten und ständig wechselnden Krankenschwestern und Pflegern?

Ich begann zu zeichnen und fand heraus, dass ich wirklich sehr große Angst vor dem Geburtsakt hatte. Wie sollte da ein Kind herauskommen? Wie konnte das gehen? Nicht so sehr die Schmerzen machten mir Angst. sondern die Frage, wie ich das entspannt hinbekommen sollte.

Ich zeichnete eigentlich eine liegende Frau von der Seite, beobachtet beim konventionellen Geburtsvorgang, wie wir ihn i Kopf haben. Beine angezogen, Frau liegend.  Und stellte dann auf einmal fest, dass die Perspektive sich änderte, ändern konnte. Der eine Arm wurde zum zweiten Bein, ich stand vor der Frau, sah zwischen ihre Beine, konnte ihre bei “der Geburt” helfen.

Schwangerschaft

Ich begann zu lesen und fand bei Sheila Kitzinger enorm viele Argumente gegen ein Krankenhaus. Allein das Wort Kranken-Haus impliziert, das etwas nicht richtig ist, uns geholfen werden muss, das im Prinzip schon von vorn herein alles schief geht. Aber: Es geht auch anders, sagte sie locker.

Ich wurde schwanger und begann, mich mit ihren Tipps auf eine Hausgeburt vorzubereiten. Eine der wichtigsten Ratschläge war: Man soll aktiv in der Schwangerschaft bleiben. Nicht mit fünf Monaten auf das Sofa umziehen und sich schonen. Das war eine Erlaubnis, die ich sehr gerne annahm, da ich eh viel Rad fuhr und gerne aktiv war. Mir leuchtete auch vollkommen ein, dass ein Training der Mutter das Kind trainiert und bestens auf die Geburt vorbereitet.

Sheila Kitzinger zu lesen war wie einer Mentorin zuzuhören, die unaufhörlich sagt: Es geht. Du schaffst es. Schütte mal diese Angst anderer Leute ab. Bekomme ein Kind. Sei eine Rebellin. Just do it.

Denn sie schaffte es ja auch. Nicht nur Kinder in Hausgeburt zur Welt zu bringen, sondern auch, darüber Bücher zu schreiben.

“At one point in my, life I had five children — all girls — under the age of seven. And a book to write about childbirth. I wondered how I was going to manage. Then, one day, I just climbed into the children’s playpen with my books and other reference materials and started working. It turned out that I’d found the perfect solution: from then on, the playpen became maternal territory. Celia, the twins Tess and Nell, Polly and Jenny could all see exactly what I was doing. I was there if they wanted me and they were free to roam round the house. Importantly, I was in no way dominating or directing them. And far from being isolated in my study, with the children in the nursery, I was living in their world.” (S. Kitzinger // Quelle)

Geburt
Photo Credit: Sheila Kitzinger’s website

Sheila zeigt, wie man ein Baby nicht herauspressen sollte.

Ich kann nicht sagen, dass meine nähere Verwandtschaft besonders begeistert von der Idee einer Hausgeburt war. Außerdem wohnten wir zu diesem Zeitpunkt in einer Wohnung mit Ofenheizung und Aussentoilette. Das größte Problem war allerdings, eine Hebamme zu finden, die am errechneten Geburtstermin oder später Zeit oder Lust auf eine Hausgeburt hatte. 18. Dezember.

Und weil das sehr schwierig wurde, suchten wir sicherheitshalber nach alternativen Geburtsmöglichkeiten: Geburtshaus. Ein Krankenhaus, das Wassergeburt oder eine andere Art der natürlichen Geburt anbot. Das war in Berlin nicht schwer, doch am Ende wurde es eine ganz normale Krankenhausgeburt am 24. Dezember. Heiligabend. Eine wunderschöne Geburt, obwohl mir danach klar wurde, wo die Probleme einer Krankenhausgeburt liegen und wo die Kritik von Sheila Kitzinger ansetzte.

Photo by Uwe Carow

Geburt im Krankenhaus mit Isabel

Kitzinger hat ihre fünf Töchter zuhause mit einer Hebamme entbunden. Als Guru der natürlichen Geburt, machte sie selbst vor, was sie predigte, aber sie betonte auch, dass Frauen entscheiden müssten, was sich gut für sie anfühle.

Gleichzeitig machte sie sehr deutlich, was es hieß (und heißt) in dieser Gesellschaft ein Kind zu bekommen.

“When women give birth they are controlled by a male-dominated, autocratic, hierarchical medical system.” (Quelle)

Das waren Dinge, die in allen anderen himmelblauen und rosafarbenen Schwangerschaftsbüchern nicht besprochen wurden oder vorkamen. Da hörte sich das immer eher nach: Sei brav, dann wird schon alles gut gehen an. Und so gut meine Geburt im Krankenhaus war, ich war mir sicher, beim zweiten Kind wird es eine Hausgeburt.

Hausgeburt
Photo by Uwe Carow

Hausgeburt mit Lenny

Bei Kind zwei lief alles wunderbar, Schwangerschaft ohne Probleme, radfahren bis zum Geburtstag, die Hebamme ein Traum. Die Hausgeburt zu dritt, Mann, Hebamme, ich. Die ältere Tocheter war drei, aufgeregt und krank und schlief nebenan.

Die Geburt verlief problemlos. Reden wir nicht von Schmerzen, die hatte es auch bei Kind eins schon – auf meinen Wunsch – ungefiltert gegeben.

Nach der Geburt, mitten in der Nacht, habe ich mich zu der kranken Tochter dazugelegt, die am Morgen gesund war. Am Morgen konnte sie ihren Bruder begrüßen.

Das alles fühlte sich richtig an und trotzdem anarchisch. Selbst ich wunderte mich, dass unsere Hebamme in bequemen Schlabberhosen zu uns kam, kein weißer Kittel, auch kein heißes Panikwasser auf dem Herd für alle Fälle. Panik gab es nicht.

Das Private ist politisch

“Sheila may be the most important individual in the whole field of childbirth reform,” (Judy Norsigian, a co-founder of Our Bodies Ourselves)

Das Private ist politisch – war Sheila Kitzinger Ansicht und sie gilt noch immer. Sie war mehr, als eine Verfechterin der natürlichen Geburt. Sie war poetisch aktiv, kämpfte gegen Genitalverstümmelung und für besser Gefängnisbedingungen für Schwangere. 1956 war sie eine der Gründerinnen der Natural Childbirth Association, die später der National Childbirth Trust (NCT) wurde. Und sie war Autorin.

Ihr erstes Buch “The Experience Of Childbirth” erschien zuerst als Serie in der Sonntagsbeilage der lokalen Tageszeitung und wurde später ein Buch. Nach Erscheinen wurde sie zu Vorträgen eingeladen, reiste nach Australien und bekam 1982 einen MBE für ihre Arbeit. Doch um ihre Ansichten gab es auch heftige Auseinandersetzungen und “The Good Birth Guide (1979) führt zum Zerwürfnis mit dem NCT.

Photo by Katrin Bongard

Hebamme Silvia nach unserer Hausgeburt.

Das alles wusste ich nicht, als ich mich auf mein drittes Kind und die zweite Hausgeburt vorbereitete. Diese Schwangerschaft war anders. Ich war 35 und man legte mir nah, einen Super-Ultraschall zu machen. Ich war nicht besonders begeistert, aber meine Frauenärztin machte mir – und das soll kein Vorwurf sein – Angst. Die Untersuchung ergab dann eine Anomalie, nur eine Arterie in der Nabelschnur. Und ich bekam – richtig Angst.

Sprach das gegen eine weitere Hausgeburt? Keine Ahnung. Ich las, was ich finden konnte, aber auch Kitzinger konnte hier nicht weiterhelfen. Panik an allen Fronten, auch beim Vater. Und dann kam Ruhe. In dem Moment, als wir auf uns hörten und – auch wenn das sehr pathetisch klingt – das Kind.

Wir entschieden uns zuerst einmal geben eine Fruchtwasseruntersuchung, da diese Anomalie auch mit dem Downsyndrom zusammenhängen kann. Nicht aus Ignoranz, sondern weil wir das Kind wollten. Auch wenn es benachteiligt sein würde. Und dann für eine Offenheit, allen Möglichkeiten der Geburt gegenüber.

Der nächste Schritt

Du hast eine Überzeugung, dann machen “sie” dir Angst und du kehrst zurück in den Schutz der Normalität. Okay, schon verstanden, Hausgeburt kann nicht die Norm sein. Nicht, wenn du mit einer Anomalie startest. Stimmt das? Das Private ist politisch …

Doch da war noch etwas. Da gab es diese leichte Hybris von mir, dass es doch ganz einfach ist, ein Kind in der heutigen Gesellschaft zuhause zur Welt zu bringen. Und hier lag ich falsch, denn das ist es nicht. Sobald man sich für eine Hausgeburt entscheidet, tauchen sie auf, die Zweifler und Angstmacher, die Bedenkenträger und auch die Krankenkassen, die lieber mehr bezahlen, wenn man ins Krankenaus geht. Ernsthaft? All das spürte ich bei dieser dritten Schwangerschaft überdeutlich. Sollte ich mein drittes Kind zuhause zur Welt bringen? Für den nächsten Schritt gab es keine Mentorin. Ich musste mich nur auf mich verlassen. So wie Kitzinger vor ihrer ersten Geburt.

“With only a choice between a local Jewish hospital or a Catholic one, she decided to give birth in the more familiar surroundings of her home. While other people in their social circle thought she was acting like a “primitive woman” or a “peasant in the fields” she recalled that when her contractions started she revelled in the feeling of knowing exactly what to do.” (Quelle)

Photo by Uwe Carow

Hausgeburt mit Amber

Ich hatte die gleiche Hebamme wie bei meinem zweiten Kind. Sie hatte keine Bedenken gegen eine Hausgeburt. Die Schwangerschaft verlief wunderbar. Ich machte wieder Sport, fuhr Rad, wir renovierten unsere neue Wohnung. Als erstes das Kinderzimmer, dann das Schlafzimmer. Ich hatte das Gefühl, hier kann ich entbinden.

Und hier kam dann unser drittes Kind zur Welt. In einer Hausgeburt. Die älteren Kinder waren bei meiner Mutter und kamen am Morgen dazu.

Ich hatte in den letzten Schwangerschaftsmonaten keine Angst mehr. Aber ich verstehe jetzt besser, was Angst ist, und warum Mütter in ein Krankenhaus gehen. Und ich kann Sheila Kitzinger nicht genug für den Mut danken, den sie mir und anderen Frauen gemacht hat, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und es auf die eigenen Art und Weise zu machen: Schwangerschaft, Geburt und alles, was danach kommt.

Kunst und Kinder

Drei von Sheila Kitzinger Töchtern sind lesbisch,. Eine wurde deswegen vom College verwiesen und Kitzinger war auch hier sofort kämpferisch und stellte sich hinter ihre Tochter. Sie war eine leidenschaftliche Befürworterin der gleichgeschlechtlichen Ehe.

Ich habe auch nach den Geburten weiter Sheila Kitzinger gelesen, denn auch ihre Ratschläge über das Stillen und das Umgehen mit Schwangerschaftsdepression, Partnerschaft und Eifersucht oder die Zeit nach der Geburt sind extrem erfrischend. Genauso wie ihre Erziehungsratschläge.

“I always took the approach that children should have a lot of space to experiment, play, interact and learn from each other. I had five maxims for a happy life with five children: Mattresses are for bouncing. Water is for pouring. Sand is for scattering. Walls are for drawing. Paper is for cutting.” (Sheila Kitzinger/Quelle)

Wenn ich an Sheila Kitzinger denke, dann denke ich #mutig

Wenn ihr wollt, könnt ihr einen Zusatz-Podcast von mir zum Blogbeitrag im Literaturradio Hörbahn hören. Viel Spaß dabei.

https://literaturradiohoerbahn.com/33-frauen-sheila-kitzinger-portrait-von-katrin-bongard/

#Making Of Playing - Serie

Making Of – Playing-Serie

21. August 2020
Die Playing-Serie

Nun ist sie komplett, die Playing-Serie. Sechs Bände sind geschrieben und veröffentlicht. Zeit für mich ein wenig zurückzublicken, denn das war für mich etwas Besonderes.

Die Idee war mindestens drei Bände in Abständen von drei Monaten zu schreiben und geworden sind es sechs Bände in anderthalb Jahren.

Vor ein paar Tagen ist der letzte Band erschienen, den ich dann auf diesen Stapel legen kann. Wenn ich jetzt zurückblicke, dann wird mir klar, wie wenig Ahnung ich  hatte, wo das alles hinführen würde. Eine Boyband in Auflösung und eine Protagonistin, die ihr Leben mit einem Kunststudium neu starten möchte, ein großes Loft, eine Künstler-WG – das waren einfach nur Vorgaben, was daraus geworden ist, haben wie so oft die Protagonisten bestimmt.

New Adult

Viele von euch wissen, dass ich ein ausgesprochener Fan des New Adult-“Genres” bin. Und ich muss gleich anfügen, dass vieles, was gerade unter diesem Label erscheint, für mich uninteressant ist.

Daher sollte ich vielleicht präsziser sagen: Ich finde es sehr spannend, Bücher für Menschen zu schreiben, die zwischen 19 und 29 sind, also von der Jugend in das Erwachsenenalter gehen. Denn diese Zeit ist aufregend oder jedenfalls war sie das für mich. Und sie ist herausfordernd weil man einerseits so viel wie möglich erleben möchte, auf der anderen Seite sehr anhänglich und liebesbedürftig ist (oder ging das nur mir so?)

Bestes New Adult – und ich finde das immer noch eher in der angloamerikanischen Literatur – thematisiert das alles sensibel und ohne Klischees. Im Grunde muss es noch nicht einmal ein Happy End geben. Wobei es – auch für mich – die einfachste Möglichkeit ist, den Leser*innen zu sagen: Das wird schon! Alles wird gut. Das, was man zwar in der Phase absulut nicht glauben kann, aber im Rückblick dann doch irgendwie wahr ist.

Quaterlife-Crisis

Es gibt diesen neuen Begriff der Quaterlife-Crisis, der genau beschreibt, was ich – und offenbar viele andere – mit 25 gefühlt haben:

  • Warum ist Erwachsenwerden so schwer?
  • Warum kann man nicht so froh und sorglos bleiben wie als Kind?
  • Wie kann ich meine Kreativität bewahren und trotzdem verantwortungsvoll und erwachsen werden?
  • Wie geht Beziehung, wenn ich doch gerade erst froh bin, nicht mehr von meinen Eltern gegängelt zu werden?
  • Warum ist Liebe so kompliziert?
  • Wieso ist das mit den Freund*innen auf einmal viel schwieriger?
  • Wie kann ich Geld verdienen und trotzdem nicht in einem Nine t0 Five Job landen?
  • Wie finde ich Beachtung und wie weiß ich, ob es echtes Interesse an mir ist?
  • Wie werde ich glücklich?

Ja, richtig, die Liste ist tendenziell unendlich. Ich habe Sex und Körper und Ernährung nicht erwähnt und auch nicht über Spiritualität oder Mental Health gesprochen. Warum kommt ab zwanzig alles und alle Probleme auf einmal?

Krisen, Rebellion und Lösungen

Die Antwort ist, weil das Leben nicht damit endet, dass ich die/den perfekte/n Partner*in gefunden habe, sondern das nur ein Aspekt in dem großen Thema Erwachsenwerden ist. Und wenn ich Erwachsenwerden schreibe, dann meine ich nicht: endlich vernünftig werden und einsehen, dass es nunmal so ist, wie es schon immer war, sondern dann meine ich: sich selbst zu finden, sich selbst zu vertrauen, seinen eigenen Weg zu gehen: glücklich, erfüllt, gesund, selbstbewusst.

Das ist nichts, was auf einen Schlag passiert, dafür sind es zu viele Baustellen: Karriere//Kinder//Beziehung//Körper/Gesundheit – und so weiter. Und die frohe Botschaft ist: Wir haben ein Leben lang Zeit, das alles auf die Reihe zu bekommen.

Oder auch nicht … Nicht zufällig sterben so viele Jugendliche und zwar genauso oft an Depression und Verzweiflung als an Übermut und Draufgängertum. Auch ich habe das erlebt, Freunde starben, verunglückten und es wurde klar, wie verwundbar wir alle sind.

Playing

Playing heißt spielen. Das, was wir als Kinder gemacht haben, sollten wir uns bewahren, finde ich. Playing steht auch für Musik machen, die Boy-Band in Playing, die erwachsen werden muss. Genauso geht es Kate, der Protagonistin in Playing, die sich aus einer toxischen Beziehung löst und selbstbewusst wird. Es kommt kein funkelnder Vampir vorbei oder ein schwerreicher Sadist, aber es gibt trotzdem richtige und falsche Entscheidungen und sich da durchzufinden, das finde ich spannend, darüber schreibe ich gerne.

Und dann musste ich doch irgendwann enden und wenn ich ehrlich bin, dann ist mir das nicht leicht gefallen. Loszulassen und meine (Buch-)freunde zu verlassen. Denn über sechs Bände hatte ich eine richtig gute Zeit (und ich hoffe, ihr Leser*innen auch).

Corona und Schreiben

Ohne, dass ihr Leser*innen es wisst oder besonders deutlich merkt, sind meine Bücher meist in einer bestimmten Zeit verankert. Ich rede nicht von Jahrzehnten oder Jahren, sondern von Monaten und Tagen. Ich recherchiere sogar das Weetter oder den Mondstand, weil ich möchte, dass es stimmt.

Wer heute Jane Austen liest, erwartet keine Smartphones, aber zu der Zeit, als sie ihre Bücher schrieb, gab es die Bücher, die sie erwähnt, die Städte und Orte, die Kleider und Sitten. Ich mag das. Ein Bild der Zeit.

Und ich mag, dass das dann später für meine Bücher auch möglich sein wird. Mehr oder weniger korrekt. Ich schreibe also die Playing-Serie und … Corona kommt. Und auf einmal war klar, dass ich in Band sechs mein still gehütetes Geheimnis preisgeben musste. Denn die Serie beginnt im Januar 2019 und kommt bei Playing Sixth Sense Anfang des Jahres 2020 an. Was nun? Nach kurzem Zögern habe ich die Herausforderung angenommen. Was sich im letzten Band dystopisch anhört – wir haben es erlebt. Und besonders Künstler haben es gespürt: Die Welt hat sich verändert. Ist verändert.

Für meine Storyline in der Playing-Serie hat das bedeutet, dass sich alles schneller entwickelt hat als geplant. Aber Plan … ha, ha, … dass ein Plan die Lösung für alles ist, diese Illusion haben wir wohl alle in den letzten Monaten aufgeben müssen.

Und so endet Band sechs mit einem Highlight. Nicht die Whitwalker sondern eine Pandemie haben es auf den Punkt gebracht und ich bin begeistert und stolz, dass ich in der Playing-Serie so ein echtes Stück Zeitgeschichte einfangen konnte.

Und wenn ich so zurückblicke dann … könnte ich gleich wieder eine Serie schreiben ;)