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Kunst & Meer 2021

3. September 2021
Kunst & Meer
Kunst und Meer

Mittelmeer, wo bist du?

Jede/r kennt diesen Moment im Leben, wenn etwas Altes – die Beziehung, eine Arbeit, eine Beschäftigung, ein Wohnsitz – ausgelebt ist und die Sehnsucht nach etwas neuem entsteht. Zu diesen Zeitpunkten meines Lebens reise ich gerne. Suche nach neuen Eindrücken, frischen Bildern, anderen Lebensweisen.

Dazu kam, dass ich mein Stipendium des Deutschen Literaturfonds dafür nutzen wollte, für ein Buchprojekt zu recherchieren. Dafzu wollte ich ans Mittelmeer reisen, die Situation während Corona auf den Campingplätzen in Frankreich erkunden, all das, was meine Protagonist:innen erleben würden, leben. Schreiben ist für mich eine künstlerische Tätigkeit, etwas zu dem ich inspiriert sein möchte, das weniger ein Job ist, sondern mehr eine Berufung. Daher war klar, dass es nicht nur um Fakts gehen würde, sondern um den besonderen Vibe der Reise, die Stimmungen, die Atmosphären an bestimmten Orten.

Roadtrips spielen auch in meinen Büchern oft eine Rolle, weil sie Reisen sind, die nur ein Ziel haben: Zu sich selbst zu kommen. Allerdings kein dramatisches:  “Ich will noch mal das Meer sehen bevor – ich sterbe”, sondern eher: “Mal sehen, wie ich so bin, wenn ich mich mal wieder in eine unerwartet neue, kreative Situation bringe.”

Improvisation

Improvisation heißt für viele: Das Beste aus einer Sache machen. Weil die Zeit fehlt oder die Ausrüstung.

In der künstlerischen Praxis bedeutet es für mich noch ein wenig mehr. Nämlich mich unabhängig von Gegebenheiten oder Material zu machen und das, was ich mache auf das Wesentliche zu reduzieren. Die Aussage, die Botschaft, wobei es dabei nicht um eine Nachricht geht, die man 1 zu 1 entschlüsseln kann, eher eine Energie und ein Gefühl, was ich treffen möchte. Improvisation bedeutet Unsicherheit und Ausprobieren, es heißt aber ganz oft auch, die beste Lösung zu finden, die noch niemand vorher erdacht oder erschaffen hat. Etwas Neues.

Auf einem Roadtrip heißt es für mich auch, mich auf immer neue Situationen einzustellen, eine starke und sichere Position zu finden, unter allen Umständen.

Camping bei einer niederländischen Künstlerin in Portugal

Ich gebe ganz offen zu, dass Camping für mich kein Sehnsuchtsort ist. Hey, was spricht gegen ein schickes Hotel, eine großes Bett und frisches Bettzeug?

Auf dieser Reise gab es alles, Schlafen im Wagen, im Mini- und Maxizelt, im Designerhotel und sogar den Komfort eines Glampings, was die beste Kombination ist, wenn du in der Natur sein möchtest (auf Strom, Wlan verzichten kannst) und trotzdem auf einem weichen Bett mit frischem Bettzeug liegen und eine eigene Terrasse bewohnen möchtest. Glamp away.

Wenn du also auch eine Partner:in hast, die gerne campt und selber lieber in einem weichen Bett liegst, dann ist Glamping die beste Alternative, die ich empfehlen kann.

In Sao Luis war das dann sogar sustainable möglich, also mit Torftoilette und Solar-Beleuchtung.

Nachhaltigkeit und Kunst

Was mit an dieser Stelle und diesem Ort klar wurde: Umweltbewusstsein kann und möchte ich auf jede Situation meines Lebens anwenden. Also auch in der Kunst. Da ich viel mit Farben und (giftigen) Pigmenten arbeite, war mir klar, dass ich hier eine größere Bestandsaufnahme gehen muss.

Kunst & Meer Katrin Bongard

Glamping in Portugal

Vieles, was ich auf der Reise gesehen habe (und auch Thema meines Buchprojekts werden wird) hat mit dem bewussten Umgang mit – allem – zu tun. Das lag nicht nur, aber natürlich auch and der besonderen Corona -Sitauion. Denn 2021 musste man eigentlich noch überall eine Maske tragen und den Impfpass vorzeigen. Der bewusste Umgang – nicht nur mit der Umwelt und Energie, auch und en Begegnungen mit Menschen, der Ernährung.

Während die Übernachtungen eher improvisiert waren, gab es gut geplante Besuche in Museen, Sehenswürdigkeiten (was für ein Wort …) und Kunstorten, die auf der Strecke lagen oder für die wir einen Umweg gemacht haben.

Als Künstlerin interessiert mich Kunst in Museen immer auf zwei Werte: Was ist ausgestellt und wie wird es präsentiert. Beides gehört für mich zusammen, auch in meiner künstlerischen Arbeit.

Und mich interessieren kleines Kunstorte und Galerien oder unabhängige Projekte genauso wie die großen Museen mit den großen Bildern. Moderne Kunst, genauso wie historische. Junge Künstler:innen ebenso wie alte Meister:innen.

 

Kunst &Meer

Anselm Kiefer in Bilbao

 

Kunst und Leben

Es gibt Menschen, die fragen mich, warum ich – überhaupt – Kunst mache? Was kann man daran verdienen? Was habe ich davon? Kunst & Meer – Kunst ist mehr.

Denn es gibt die großen Museen, die trotz Corona-Auflagen und Mundschutz besucht waren. Und – auch wenn ich hier in Bilbao praktisch allein mit Anselm Kinder und seinen grandiosen Sonnenblumen bin – das Museum war sehr gut besucht.

Im LUMA in Arles mussten wir vor den kleinen Räumen Schlange stehen, da sich immer nur eine bestimmte Anzahl von Leuten im Raum aufhalten durfte. Und wir haben gewartet, mit vielen anderen internationalen Besuchern.

Kunst bringt Schönheit, Klarheit und Inspiration in unser Leben. Aber genauso das Gegenteil: Fragen, Verstörung, Zweifel. Denn all das gehört zum Leben. macht es spannend, abwechslungsreich – reich.

Das liebe ich an der Kunst, die Möglichkeit, mich mit diesen Fragen und ihren Antworten auseinanderzusetzen. Die Leinwand oder einen Ausstellungsraum zum Improvisationsraum, Labor, Studio zu machen, weil ich dort etwas herausfinden kann. Über mich, die Welt, das Leben, das was uns hier alle beschäftigt, auf der Erde und darüber hinaus.

Kunst und Inspiration

Ich bin sehr inspiriert von dieser Reise zurückgekommen. Besonders beeindruckt hat mich eine Reihe von Arbeiten im LUMA von Pierre Hyghe.

Mental images can flow from one mind to another, outside the field of appearance, like a synthetic telepathic conversation. They can also be externalized from the minds of the subjects and manifest physically. It would then be possible to witness the creation of a collective imagination, as in a neural ritual. Mind’s Eyes are mental images extracted from UUmwelt, artefacts of the field of the imaginary, precipitated occupying space. They are in an ambiguous continuity between visual human imagination, artificial intelligence, data and matter.
Pierre Huyghe

Die Videoarbeit stand in einer der noch umrenovierten Fabrikhallen auf dem Gelände des LUMA. Hier siehst du einen von insgesamt fünf oder sechs Bildschirmen, die über die Halle verteilt waren. Der Kontrast des staubigen Bodens zu den Hightech-Bildschirmen, die nicht nur von KI gesteuert werden, sondern auch auf die Betrachter:in reagieren. Wie perfekt der Ort und die Arbeiten miteinander harmoniert haben. Und wie die Arbeiten auf uns – die Betrachtet:innen – reagieren. Genial . Alles ist im Wandel.

#Travels New York

New York 2019 – Strand Book Store

5. Juni 2019
Strand Book Store

Ich war schon oft in New York, aber den Strand Book Store habe ich selten besucht. Dieses Mal wollte ich ihn wirklich erkunden. Nicht nur mal eben rein, ein Buch kaufen, wieder hinaus. Dieser Ort verdient mehr Aufmerksamkeit. Immerhin ist dieser Buchladen mit ca. 5.100 m² einer der größten Buchhandlungen der Welt und der Größte von New York. Das überrascht mich schon ein wenig, denn Barnes & Nobel erschlägt mich jedes Mal mit vier Etagen und unübersehbaren Reihen von Büchern. Aber jeder Barnes & Nobels ist auch irgendwie gleich, man denkt sofort: Buchkette. Und auch wenn The Strand riesig ist, die Größe ist hier nicht das Wichtigste. Es ist mehr ein besonderer Flair, eine Atmosphäre. Und genau das wollte ich mir näher ansehen.

Buchläden united

Wir alle wissen es ja mittlerweile. Die kleinen schnuckligen Bauchläden von “früher” sind irgendwann durch große Buchhandelsketten abgelöst worden. Wer das noch mal ganz genau und sehr charmant nachempfinden will, der muss sich nur den Film E-M@l für Dich von der genialen (Dreh)buchautorin Nora Ephron mit Meg Ryan und Tom Hanks ansehen. Ja, es gab eine Zeit, da wurden die kleinen Buchläden von großen Buchketten wie Huggendubel und Mayrische, von Thalia und in Amerika: Barnes & Nobels verdrängt. Ich kann – wenn ich ehrlich bin – immer noch nicht verstehen, warum jemand sagt: Mein Lieblings-Huggendubel. Ich meine, die Dinger sehen alle gleich aus. Und leider sind auch die Buchtische und vor allem die Tische mit Buch-Merch immer ähnlich.

Ich habe auch noch nie erlebt, dass man in einem der Großbuchläden einen Mitarbeiter ansprechen und nach Literatur fragen konnte. (Was nicht an den Mitarbeitern liegt, die offenbar für andere Qualitäten eingestellt werden). Einmal hatte ich in der Mayrischen ein Gespräch an der Kasse, als wir uns beide einige waren, wie großartig Jo Nesbø ist und was sein bestes Buch ist. Aber – hm – Jo Nesbø ist Mainstream und ich war auch nur in der Mayrischen, weil ich ein Geschenk für eine männliche Person über sechzig gesucht habe, die ich nicht besonders gut kenne. Ich will sage: Wenn ich einen Geheimtipp suche, brauche ich eine andere Buchhandlung.

Aber zurück zum Strand.Denn Strand ist eine erstaunliche Mischung zwischen Großbuchhandlung und kleinem intimen Buchladen. Vielleicht sollte ich freien mit den großen Huggendubels schließen, sie können sehr wohl auch individuell sein. Und einige werden es sein, ich halte ab jetzt die Augen offen.

Geschichte des Strand

Ich bin ja ein Design-Fan und mag Markenlogs die gut und einprägsam gestaltet sind. Das Logo des Strand Book Store ist eine ovale rote Scheibe mit dem Wort Strand in weißen, einfachen Buchstaben. Der Slogan: 18 Miles of Books. Darunter: New York City * EST. 1927 . Sieht das nicht schön aus? Klassisch? Rot ist die Farbe des Buchladens, überall sieht man die roten Fahnen, Sticker, Taschen mit dem Logo. Ich weiß nicht, ob es immer dieses Logo war, aber es ist einfach genial.

Wie ging es los? Der Laden wurde 1927 von Benjamin Bass als unabhängige, familiengeführte Buchhandlung eröffnet. The Strand das waren sechs Häuserblöcke mit 58 Buchläden. Wow. Das muss man sich heutzutage auf der Zunge zergehen lassen. Diese Größe und trotzdem unabhängig. Familiengeführt.

“Ben sought to create a place where books would be loved, and book lovers could congregate. He named his bookstore after the London street where avant-garde writers like Thackeray, Dickens and Mill once gathered and interesting book publishers thrived. “(Website des Strand)

1956 übernahm Benjamins Sohn Fred die Buchhandlung und verlegte sie an den heutigen Standpunkt: Broadway Ecke 12th Street. Alles wurde kleiner aber immer noch groß genug. Und weil es wirklich ein Familieunternehmen ist, übernahm mit 25 Jahren Freds Tochter Nancy die Führung des Ladens, bzw. wurde Teil der Geschäftsführung.

“He never had an office and loved when customers told him they enjoyed “getting lost in the stacks”. Fred spent all of his time behind his buying desk, eager to see what treasures would come across it. He felt working with books was the best job in the world.” ~ Nancy Bass Wyden, Fred’s daughter and owner of Strand Book Store

Kaufen und Verkaufen

Wenn man den Buchladen vom Broadway aus betritt, fällt  links die lange Reihe mit Kassen auf. Doch alle weiteren Counter im Laden dienen hauptsächlich der Information. Beratung ist wichtig im Strand.

“Our employees are not only knowledgeable about books but they’re also passionate about them. Not only can they help you find a book, they can also recommend something you might love if you give them a quick description of your literary tastes.” (Strand Website)

Das Erdgeschoss ist  – für mich – das wichtigste Stockwerk mit Belletristik, Literatur und kleinen Tischen zu besonderen Themen. Im ersten Stock ist alles Design und Fachbücher, Platten und CD gibt es auch ebenso Noten. Im Keller sind es mehr gebrauchte Bücher. Ziemlich genial: Viele Dinge  – wie Lesezeichen, Notizbücher und andere nette buchaffine Dinge findet man öfter im Laden, gut verteilt, so dass man sich nie fragen muss, wo man dies oder das gerade gesehen hat und suchen muss.

Sell your books

Am meisten überrascht hat mich der große Counter im hinteren Bereich des Erdgeschosses. Drei Kassen an einem langen Tresen, wie ich sie von den großen Thrift-Shops für Kleider in New York kenne. Hier werden gebrauchte Bücher angekauft.

In einem Land, in dem scheinbar alles in Plastikverpackungen daherkommt und man dem überflüssigen Verpackungsmüll gar nicht entgehen kann, wird einiges deep recycelt. Nicht nur Kleider, auch Bücher.

“Strand is seeking to buy quality books, whether you have one volume or a library of thousands. We buy a wide variety of books including the most recent bestsellers, classic literature, and graphic novels; scholarly and academic books (art, philosophy, etc.); as well as fine bindings, signed books and autographed material, and other rare and antiquarian books and manuscripts. We also buy sheet music in good condition.”

Und klar, es werden also auch gebrauchte Bücher verkauft. Günstiger und sehr oft in bester Verfassung.

Ach, und für alle Autoren

Was ist, wenn du dein Buch bei Strand anbieten willst?

“First of all, congrats!
If you would like for your book to be considered for the shelves at Strand Book Store, email our book buyers at submissions@strandbooks.com “

Okay, wie awesome ist das denn? Ein Buchladen, der aktiv nach Büchern von Autor:innen fragt. Ich bin offiziell amazed.

Veranstaltungen und mehr

Und – last but not least – gibt es im Strand auch Lesungen und andere Veranstaltungen. Fast täglich ist irgendetwas los und ich bedauere wirklich, dass ich es in diesem Mai nicht zu einer der Veranstaltungen geschafft habe.

Aber – ich bin mir ganz sicher – es gibt ein nächstes Mal. Vermutlich schon sehr bald.

The Strand Book Store

Main Location:

 

#Travels

New York 2019 – Carlton Arms Hotel

12. Mai 2019


Carlton Arms Hotel

Der Beginn meiner Liebe zu diesem Hotel reicht weit zurück in die 90er. Oder vielleicht sogar noch vorher, als ich einen kleinen Artikel in einer Zeitung über das Hotel fand und ihn mir aufgehoben habe. Das ist das Hotel in New York, in dem ich übernachten werde, wenn ich mal zu Besuch bin. Und mittlerweile war ich schon oft zu Besuch und fast jedes Mal habe ich im Carlton Arms Hotel übernachtet.

Was mich bei meinem ersten Besuch sofort fasziniert hat: So etwas gibt es in ganz Deutschland, in Europa nicht! Klar, man könnte sich ein Künstlerhotel vorstellen, aber nicht die Mischung aus heruntergekommen und funktionierend, aus verlottert und liebenswert, aus ungewöhnlich und gut organisiert.

CARLTON ARMS ART PROJECT

Described as a ‘live-in museum’ by People Magazine, the Carlton Arms Hotel (Artbreak Hotel) through its Carlton Arms Art Project, has become a vibrant permanent exhibition of art, with every room and every inch of space covered with the incredible colorful work of artists from all over the world.

This art-in-residence program started in the early 80’s when The Carlton Arms Hotel was a depressing and dark welfare hotel. As rooms were vacated, they were no longer re-rented, but instead were scrubbed, repaired and given to artists to express their ideas. (Website Carlton Arms Hotel)

Willkommen zu einer kleinen Führung durch das Hotel.

Wohnen

Da es ein Wohnhaus ist, betritt man das Hotel nicht durch eine ebenerdige Lobby, sondern steigt sofort eine Treppe hoch. Vorbei an dem Glückbuddha mit dem Schoß voller Eincentstücke, der immer gefüllt ist, bis in die eigentliche Lobby, die eher aussieht wie der Eingang zu einem kleinen Kabarett-Theater. Ein oder zwei (der drei) Katzen liegen immer irgendwo herum und sind eindeutig die Herrscherinnen der vier Etagen.

“The building is alive, ever changing, but what really continues to give it life are the people who imprint themselves, their art and their spirit upon this place.” (John Ogren, manager)

Nicht alles, was das Hotel bunt und heimelig macht, würde in meinem Verständnis unter Kunst fallen, vielleicht würde ich es eher Deko oder Design nennen und manchmal ist es noch nicht mal das, aber darum geht es nicht. Das Haus – lebt.

Hotelzimmer

4 Etagen mit Zimmern – alle anders. Und auch nicht für immer so, denn es kommen ständig Künstler, die Räume neu gestalten. Leben und Kunst – eine kuschelige Einheit. Diesmal haben wir das Regenbogenzimmer erwischt. Und nachdem es letztes mal ein weißer Raum mit schwarzem Klebeband war – juhu!

Man hat meist eingeschränkt die Auswahl, kann sich mehrere Räume ansehen und entscheiden. Mit oder ohne Bad, wobei mein Tipp ist, lieber ein schönes Zimmer mit shared bathroom als unbedingt ein Zimmer mit Bad zu buchen. Die können nämlich auch sehr extrem sein.

Roomservice?

Vor ein paar Tagen hatte ich ein kleines Gespräch mit einer New Yorkerin über Mietpreise. Okay, da könnte man auf die Idee kommen, lieber im Hotel zu wohnen zu wollen, als sich eine Wohnung zu nehmen. Doch dieses Privileg ist im Carlton Arms Hotel nur Wenigen vorbehalten.

In unserem Raum hat der Dichter Mike Tyler von  1994 -2003 gewohnt. Mike, du hast dem Raum deinen poetischen Stempel aufgedrückt. Nachts erscheint dein Geist und flüstert: Alles ist gut, wenn du nur schreibst. 

Wer hier Roomservice erwartet – nope. Wer frische Handtücher braucht holt sie sich bei der Rezeption, das Zmmer wird von niemanden während des Aufenthalts betreten und  – das liebe ich. Als ob es ein eigenes Zimmer in einer WG wäre. Niemand, der das Schlaf-T-Shirt zusammenlegt und deine kreaitv verteilten Unterlagen auf einen Stapel legt, um (welchen) Staub zu beseitigen. Aber wer das braucht, sei gewarnt. Service – basic.

Breakfast

Kein Frühstück, Kaffee im Aufenthaltsraum, ein bisschen Jugendherbergsatmosphäre. Der Gast-Computer, wie in  den 90ern, als niemand ein Laptop hatte und von Smartphones noch nicht die Rede war. Zum Früstücken geht man aber einfach über die Straße zum Bagel-Express, oder dem neuen Dogs and Bones an der Ecke. Es lebt sich also auch ein wenig wie im Atelier, ohne Küche, umgeben von der Kunst von Künstlern, die gerade Teile/Räume das Hotel neu gestalten. Regelmäßig werden Räume wie Ausstellungen eröffnet. Neuste Neuerung: Das Treppenhaus zum vierten Stock mit einem Neon Graffiti von Drew Starker. (Instagram @muralist)

Jedes Stockwerk hat einen eigenen Stil, also die Fluren und das Treppenhaus verbindet alles. Oder auch nicht. Denn hier passt alles und nichts zusammen und deshalb ist dieses Hotel für mich auch wie ein Teil von New York: Bunt, crazy, kreativ.

Ich steige bis nach ganz oben, um mir das ganze Kunstwerk anzusehen. Als ich zurückomme, kratzt die Katze an unerer Zimmertür. Das macht sie auch gerne in der Nacht und ich war froh, dass ich schon wusste – es ist die Katze. Oder nicht?

 

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Marseille 2013 – Bei Nacht

25. November 2013
Marseille bei Nacht

Nun bin ich ja eigentlich schon eine Weile aus Frankreich zurück, aber da gerade die Leserunde zu “Street Art Love” auf Lovelybooks läuft, passt es einfach zu gut. In Marseille habe ich nämlich etwas gefunden, was aus den meisten europäischen Großstädten schon fast verschwunden ist: Einen Stadtteil wie das Panier, die Altstadt von Marseille, in der es noch jede Menge Streetart gibt.

Natürlich gibt es Streetart in allen Großstädten, aber selten habe ich so viele verschiedene und gute Arbeiten auf einmal gesehen. Natürlich liegt es auch daran, dass andere Großstädte viel weniger Bereiche in der Innenstadt haben, die noch so unrenoviert und offen sind. Wo man kleine, alteingesessene Läden neben schrägen Künstlercafés findet, coole Minibars, neben Läden, in denen alte Platten und Möbel verkauft werden. Oder den neuesten Fußpflegetrend (lebende Fische fressen einem die Hautschüppchen von den Füßen), gleich in der Nähe eines alten Bouleplatzes.

Streetart und Künstlercafés

Und dann gibt es eben manchmal so Tage, wo man – wie Harry Potter das Gleis Neun Dreiviertel – einfach den idealen Ort findet, um einen Abend in Marseille ausklingen zu lassen. Marseille bei Nacht – etwas ganz Besonders. In diesem Fall das kleine Künstlercafé mit der Sperrmülleinrichtung, den Fotos an der Wand und der südeuropäischen Speisekarte auf der Schiefertafel. Wo die Bedienung sich neben einen an den Tisch hockt, als ob man ein guter Bekannter ist. Und man zum Wein ein kleines Schälchen Nüsse bekommt (Gott, ich liebe das!). Wo die Bilder an der offenen Steinwand garantiert von einem befreundeten Künstler sind oder sogar von den Cafébesitzern selbst.

Orte, die man als Künstler braucht, um sich daran zu erinnern, dass man nicht allein in der Welt ist. Weil man Dinge dann besonders mag, wenn sie unfertig, gebraucht oder sogar dreckig und heruntergekommen sind. Weil sich Erinnerungen hinter diesen Gegenständen oder Hauswänden oder Orten verbergen, weil sie etwas zu erzählen haben.

Kunst an Wänden

Es gibt ja immer die Diskussion, ob man hier oder dort sprayen darf (natürlich praktisch nirgendwo). Ob die Gegend durch Streetart verschandelt oder neu zum Leben erweckt wird. Für mich ganz einfach eine Frage der Qualität der Arbeit. Ich war überrascht, dass es in den Straßen des Panier nur sehr wenige verschmierte Hauswände, aber sehr viel gute Streetart gibt.

Stanzelarbeiten, also mit Schablonen auf die Wand aufgebrachte Sprayarbeiten, Mosaike und Plakate mit Bildern. Politische, persönliche und regionale Statements. Vielleicht sind die Hauswände und Straßen ja überhaupt die Orte, wo man heute noch neue und interessante Kunst findet? Wer also nach der nationalen Kunstausstellung im MuCem in Marseille sehen möchte, was gerade aktuell in der Kunstszene passiert, der macht am besten einen Ausflug in die Straßen der Altstadt. Taschen festhalten empfohlen – noch dringender empfohlen: Augen auf für die Streetart.

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Marseille 2013 – Das MuCem

6. November 2013

Marseille 2013

Wenn ich an Marseille denke, dann fällt mir ein guter Rat ein, denn man mir dort bei meinem letzten Besuch vor fast zwanzig Jahren gegeben hat: Lass dein Auto offen, dann musst du kein neues Türschloss kaufen, wenn sie es aufbrechen. Die Stadt war dreckig, laut und unkontrolliert und alle, die dort lebten, wussten das.

Das erinnert mich an eine andere Geschichte: Während der Sommerferien in Italien sind meine Eltern einmal für einen Tagesausflug mit uns nach Neapel gefahren. Mein Vater fuhr einen Mercedes, den er als Gebrauchtwagen von einem Verwandten übernommen hatte. Wie das so war, saßen wir vier Kinder unangeschnallt auf dem Rücksitz und quollen aus dem überhitzten Auto, als mein Vater irgendwo parkte, damit wir zu Fuß die Stadt erkunden konnten. Kaum hatten wir uns wenige Meter von dem Auto entfernt, rannte eine Gruppe von kleinen, barfüssigen Jungs auf das Auto zu und montierte die Radkappen ab. Mein Vater unternahm einen halbherzigen Versuch, die Sache zu verhindern, doch die Jungs waren schnell und gnadenlos. Sie trugen die Radkappen vor unseren Augen davon. Das war ihr Revier, wer seinen Wagen hier abstellte, war selber Schuld.

Neues und Altes

Zu dieser Art von Orten habe ich ein zweigeteiltes Gefühl: Ich finde sie faszinierend und erschreckend zugleich. Ich weiß, es sind die Orte, die man als Künstler unbedingt besuchen muss, äußerlich und innerlich, aber es kostet mich immer ein wenig Überwindung. Also wieder nach Marseille. Doch die Stadt hat sich verändert. Sie ist sauber und aufgeräumt geworden, sicher und fast ein wenig langweilig? Marseille ist als Kulturhauptstadt 2013 sauber gemacht worden. 600 Millionen Euro waren dafür nötig und natürlich sind viele Probleme der Stadt … aber das nur am Rande.

Denn ich genieße das neue Marseille und die 600 Millionen sind gar nicht schlecht angelegt worden. Nicht ganz verstehen tue ich die Villa Méditerranée, die wie ein Sprungbrett aussieht und deren Sockel im Meer liegt. Auch nicht gerade meine Architektur. Marseille 2013Das Gebäude daneben, ein vollkommen verglastes Gebäude mit einer Beton(?)Gitterstruktur außen gefällt mir schon besser und genial finde ich, dass man über eine Stahlbrücke noch zur mittelalterlichen Festung Saint-Jean gelangen kann.

Hier ein Video, bei dem man 4 Minuten lang zu Musik um die drei Gebäude fliegt. Mal abgesehen davon, dass eine mittelalterliche Festung einfach unwiderstehlich ist, wenn sie mit moderner Architektur aufgemöbelt worden ist, gefällt mir das MuCem (Musée des Civilisations de l’Europe et de la Méditerranée), entworfen von Rudy Ricciotti, einem Marseillaiser Architekten, am besten. Wenn er über das Projekt spricht hat man sehr stark das Gefühl, dass Avandgarde sich gerade in der Architektur ereignet.

Das Panier

Ich habe die beste Stadtführerin, die man sich denken kann, die mich vom alten Hafen in Marseille, zur Festung, über die Stahlbrücke in das MuCem führt. Als die Sonne untergeht und der Himmel auf einmal rosa wird, kommt es mir wie eine großartige Inszenierung vor. Ich stelle fest, dass ich durchaus Höhenangst habe, als ich über die Hängebrücken hinter der Fassade um das Gebäude laufe. Und dass ich gerne eines der vollkommen verglasten Büros hätte, in denen man die Leute bei der Arbeit beobachten kann. Nur ein zarter Vorhang Richtung Meer, der die Sonne etwas abhält. Da können freie Ideen entstehen. Das ist das neue Marseille. Für das Alte muss die Sonne vermutlich erst ganz untergehen. Halt deine Tasche fest und pass auf Motoradfahrer auf, sagt meine Freundin, als wir in den kleinen Gassen des Panier unterwegs sind. Okay … mehr davon später.