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Stephen King – On Writing

Stephen King - On Writing

Stephen Kings “On Writing” #13 Schreiben & Lesen

24. September 2013
Schreiben & Lesen

Nachdem ich die letzten Wochen einen extrem unguten Arbeitsrhythmus entwickelt hatte und vorgestern Nacht feststellte, dass die Menschen, die  vor meinem Haus stehen, nicht etwa von einer Party kommen, sondern zur Arbeit gehen, musste ich etwas ändern.

Nachts zu schreiben hat einen großen Vorteil: Es ist ruhig, niemand ruft an. Es hat leider auch einen großen Nachteil – man verschläft entweder die darauf folgenden Tage oder verwandelt sich langsam in einen Zombie. Nichts gegen Zombies, aber ich kenne keinen bedeuteten Zombie-Autor, das spricht gegen weitere Nachtschichten. Vielleicht brauche ich auch nur eine Pause und einen gemächlicheren Rhythmus.

Zweiter Teil zweiter Abschitt in “On Wriiting”

Herzstück des Buches, also ist hier ein langsamerer Durchgang bestimmt sinnvoll. King startet mit einem Lieblingsstatment von Autoren, die nach Schreibratschlägen gefragt werden: ”

If you want to be a writer do two things above all others: read a lot and write a lot.

Die kleine Schwester von dem Satz habe ich als Jugendliche von Ulrich Plenzdorf gehört: Man muss 1000 Bücher gelesen haben, um ein Buch schreiben zu können. Plenzdorf war ein ziemlich cooler Autor und dieser Spruch hat mich sehr beeindruckt. Lesen ist immer noch (geben wir es zu) ziemlich uncool und Viellesen erst recht. Da ich zu diesem Zeitpunkt den gesamten Kinder- und Jugendbuchbestand unserer Stadtbibliothek schon verdaut hatte, fühlte ich mich einigermaßen sicher, aber dann … meinte er wohl doch eher die Weltliteratur, die ich gerade erst anfing zu verschlingen. Und die war … anders.

King und lesen

King liest etwa 80 Bücher im Jahr, wie er sagt, nicht um seine Lernpflicht als Autor zu erledigen, sondern aus Freude am Lesen. Ich teile mit ihm die Meinung, dass jedes Buch einem irgendetwas beibringt und manchmal die schlechten lehrreicher als die guten Bücher sind. Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem zwei Menschen Germanistik und Anglistik studiert hatten und einer Bücherwand mit Goethe, Schiller und Shakesspeare. Mein Vater wollte, dass seine Kinder Gedichte auswenig lernen, walle, walle, ich hatte meinen beeindruckenden Auftritt im Deutschunterricht, aber ich wusste auch, da ist noch mehr.

Heftchen und anderer Mist

Unter der Schicht von zweifellos genialer Literatur, gibt es all den Schund und Schmonz, der mich magnetisch angezogen hat. Vielleicht auch, weil er so verpönt war. Ich erinnere mich an einen Sommernachmittag als Teenager, es war still in unserer Wohnung (was selten war). Da lag der Stapel Fernsehzeitschriften mit diesen unsäglichen Fortsetzungsgeschichten über Ärzte, die sich in ihre Krankenschwestern verlieben (heute erledigen das Vampire) und reiche Großgrundbesitzer … ihr wisst schon. Ich habe also auf der Couch gelegen und ein Minimilk-Eis gegessen und einen Teil nach dem anderen dieser Geschichten gelesen. Zwischendurch habe ich mir immer mal wieder ein neues Minimilk-Eis geholt. Und ja, es war ein paradiesischer Zustand. Heute würde ich sagen: Sex mit etwas Geschriebenem und dabei an einem süßen Vanilleeis lutschen – okay, ihr könnt mir folgen.

King hat ein ähnliches Erlebnis mit einem grottenschlechten Science-Fiktion-Heftchen-Autor und das prägt. Wie schafft es der Autor, einen mit diesem Schund zu fesseln? Emotionales Schreiben, egal wie schlecht, ist ein gutes Geschäft. Aber es gibt noch einen guten Nebeneffekt: Man begreift sehr schnell, was man alles NICHT tun sollte, wenn man ein gutes Buch schreiben möchte.

Gute Bücher

Buch2Gute Bücher können einen einschüchtern, aber auch ermutigen, man studiert den guten Stil. Wobei ich glaube, ein Buch ist dann genial, wenn man nicht ganz genau sagen kann, was daran so großartig ist. (Sehen wir von Leuten ab, die Literatur studieren und für alles eine Erklärung finden.)

Nun ist es sehr viel leichter, einen Text eines anderen Autors zu beurteilen als den eigenen. Ich habe ein paar Sommermonate lang, im Rahmen eines Schülerprojekts, Schreibworkshops abgehalten. Ich bin kein Freund von richtig und falsch, ich fand, wer schreibt ist auf seinem Weg, der Rest kommt später. Ich habe also mehr über allgemeine dramaturgische Dinge geredet als über Spezielles.

Eigene und fremde Texte

Ich hatte einen besonders netten und aktiven Kurs, es waren drei Jungen dabei (schon sehr ungewöhnlich), sie schrieben lustige und abgedrehte Geschichten (Jungs eben) und die Mädchen – Liebesgeschichten. Ich habe da nicht eingegriffen und alle haben sich gleichberechtigt auf eine öffentliche Lesung vorbereitet. Im Vorfeld habe ich meine vorsichtigen Kommentare zu den Texten abgegeben, das lief per Mail. Und ich erinnere mich noch sehr genau, wie mir eines der Mädchen im Laufe diese Prozesses vollkommen erschüttert mailte, dass sie, nach gründlicher Beschäftigung mit ihrem Text, den Eindruck hätte, was sie mache wäre eigentlich sehr schlecht (nun ja …).

Jeder Autor kennt das, besonders am Anfang seiner Schreibkarriere. Wer sagt, er kennt das nicht, ist entweder mit einem übergroßen Ego gestraft oder noch in der ersten Verblendungsphase. Das einzige, was ich dem Mädchen sagen konnte, war: Ja, das gehört dazu. Herzlichen Glückwunsch, du hast die ersten Etappe zum besseren Schreiben erreicht.

Denn diesen Punkt muss man finden, egal wie schmerzhaft er ist. Und zwar ganz für sich alllein. So, wie einem niemand sagen kann, ob man sich in einen Idioten verliebt hat. Und Lesen hilft dabei. Oder mit King:

The more you read, the less you are to make a fool of yourself with your pen or wordprozessor.

Stephen King - On Writing

Stephen Kings “On Writing” #12 Der Hit

23. September 2013
Der Hit

Bei King beginnt ein neues Kapitel, nach “Toolbox” folgt “On Writing”. Wenn ein Buch”On Writing” heißt und man an das Kapitel “On Writing” kommt, dann ist man zum Herzstück des Buches vorgedrungen. Interessanterweise auch genau in der Mitte.

FotoEs ist wie mit einer LP. Der Song, der wie die Platte heißt, okay, hier erwarten wir den Hit. Aber anders als der Hit auf der Platte, wo wir zu Recht erwarten, nun Abtanzen zu können, kommt bei King an dieser Stelle die harte Lektion.

Harte Worte

Die erste These hat er uns im Kapitel davor schon erzählt: Gutes Schreiben besteht darin, die Grundlagen zu beherrschen (Wortschatz, Satzbau, Stilelemente) und sie richtig anzuwenden. Seine Worte:

… filling the third level of your toolbox with the right instruments.

Hat er vorher wirklich über das dritte Level der Toolbox gesprochen? Nein, nicht wirklich, also schaut mich jetzt nicht fragend an.

Gute, großartige, fähige und schlechte Autoren

Die zweite These ist etwas unkonventioneller: Während es  unmöglich ist, aus einem schlechten Autoren einen fähigen/tüchtigen zu machen, oder aus einem guten Autoren einen großartigen, ist es sehr wohl möglich, mit viel harter Arbeit und Unterstützung aus einem bloß einigermaßen fähigen Autoren einem großartigen zu machen. What?

Ich kann das nur verstehen, wenn ich es auf das Schauspiel übertrage. Ich sehe seit zehn Jahren Schauspieler am Set spielen, ich bekomme regelmäßig Videomaterial zugesandt oder angehende Schauspieler spielen mir vor. Ich war immer davon überzeugt, dass man Schauspiel – natürlich – lernen kann und alles möglich ist. Ich habe diese Überzeugung verloren und ich würde King, hätte er das Obige über das Schauspiel gesagt, sofort zugestimmen. Vielleicht, weil ich betriebsblind bin, was das Schreiben angeht. Beim Schauspiel ist es für mich ganz eindeutig. Mittelmäßige Schauspieler werden keine großen Schauspieler, grottige Schauspieler keine mittelmäßigen. Aber – wenn jemand das Besondere “ginga” hat, dann kann er mit viel Leidenschaft und einem guten Training praktisch von der Grundlinie aus ganz groß werden.

Underdogs

King ist ein Freund der Underdogs, die es nach oben schaffen. Nun, er ist selber einer. Und wie die meisten Underdogs ist er ein großer Verfechter von harter Arbeit. Ich bin kein Underdog, nie gewesen, eher das Gegenteil, aber ich weiß, wovon  er spricht, und ich weiß, dass man die Grundlagen lernen muss. Ins Basement gehen. Harte Arbeit. Und wenn man sich dort eingerichtet hat, dann kommt vielleicht die Museoder der Muser (bei King ist es ein Mann – sorry for that) und fügt Magie hinzu.

Sind wir schon wieder bei der Magie? Gibt es denn gar nichts Handfestes? Vielleicht nach der Mitte des Buches. Mal sehen.

 

Stephen King - On Writing

Stephen Kings “On Writing” #11 Magic

22. September 2013
Magic

Na toll. Gerade habe ich beschlossen, meine Werkzeugkiste zu sortieren und Platz für Kings Vorschläge zu machen, da jagt er mich in die Luft. Erstens, zweitens, drittens – Booom! Nun, der Vergleich mit dem Werkzeugkasten war eh nicht so mein Ding. Ich bewahre mein Werkzeug – und nein, das ist jetzt kein Vergleich, ich meine wirklich den Hammer, die Schraubenzieher, den Engländer (was auch eine Zange ist) – in Weckgläsern auf, die in meinem Malschrank stehen.

Also dem Schrank, in dem ich meine Öl- und Acrylfarben, meine Pastellkreide und Wachsmalstifte, meine Tacker zum Rahmenbau, die Pinsel und die Modler (was auch Pinsel sind) aufbewahre. Ein Hammer liegt allerdings auch dort, wo ich meinen Schmuck, Gläser und Parfüm aufbewahre. Nicht, weil ich vorhabe, einen Einbrecher damit zu erschlagen, sondern weil ich ständig einen Hammer brauche, um etwas aufzuhängen oder festzuklopfen und da ist er immer zur Hand.

Absätze

Okay, warum erzähle ich so wirres Zeug? Nun, das Kapitel Toolbox in Kings “On Writing” hat 5 Abschnitte: 1 Wortschatz 2 Satzlehre 3 Abneigungen bei Formulierungen 4 … Absätze? Moment mal, das ist doch kein Werkzeug, das ist doch schon das Teil, das ich mit den Werkzeugen baue?! 5. … das ganze Buch. Was? Wir sind schon beim Buch(bau)? Nein, wir sind bei  …. Magic.

Hokus Pokus

Ich fühle mich ein wenig wie in einer Zaubershow. Hier der Käfig, da die Taube, Taube in Käfig, Tuch drüber: Hokus Pokus. Wusch! Tuch weg, Taube weg. Wie hat er das denn nun gemacht? Wie sind wir jetzt von a nach b gekommen, von den Vokabeln zu dem ganzen Buch? Wie ist die Taube verschwunden? *Räusper* Sie liegt zusammengedrückt auf dem Boden des Käfigs unter einem doppelten Boden, ein Mechanismus, der oben am Käfig von unserem Magier ausgelöst wird und ganz sicher Tierquälerei ist. Stimmt. Aber, nein, das ist natürlich nicht die Erklärung. Gute Autoren täuschen ihre Leser nicht, sie können … wirklich zaubern.

Zaubern

“We are talking about tools and carpentry, about words and style … but as we move along, you’d do well to remember that we are also talking about magic.” (King)

Na, endlich rückt er damit heraus, natürlich erst am Ende aller Abschnitte über Werkzeuge. Dabei sah alles gerade so  machbar aus. Klopf, klopf – es schien möglich. Was nun?

Zauberstab

Magic2Als mein Sohn fünf wurde, hatte er nur einen Wunsch zum Geburtstag: Er wünschte sich einen Zauberstab.

“Ach so? So einen Stab, mit dem man Zauberer spielen kann?”

“Nein, einen richtigen Zauberstab.”

Okay, alles klar. Toys ur us und der Holzspielzeugladen halfen da nicht weiter. Eigentlich half da überhaupt nichts weiter außer einer Lüge : “Die Zauberstäbe waren leider ausverkauft, die sind einfach zur Zeit sehr gefragt”, oder einem Geständnis: “Irgendwann hättest du es ja doch erfahren, mein Sohn, es gibt keine Zauberstäbe und Zauberer und überhaupt ist das eine sehr unmagische Welt, in der wir leben …”

Offen gestanden, war ich zu keinem von beidem bereit. Was mache ich also? Es hat mich wochenlang beschäftigt. Und meinen Mann. Was haben wir schließlich gemacht? Nun, plötzlich war es uns ganz klar: Wir können unserem Sohn ohne Bedenken einen Zauberstab schenken.

“Hier ist dein Zauberstab und nun leg los.”

“Aber wie?”, fragt der Sohn.

“Das wirst du, klügster und großartigster Sohn von allen, schon herausfinden.”

Wir haben an diesem Tag einen Jungen sehr glücklich gemacht. Wir waren sehr glücklich. Denn wir haben uns selbst das größte Geschenk gemacht. Magic – existiert. Also legen wir los.

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Stephen Kings “On Writing” #10 Was geht gar nicht?

21. September 2013
Was geht gar nicht?

Wie geht es weiter mit Kings Toolbox? Ich habe das Gefühl, mein Werkzeugkasten ist schon voll, aber King hat gerade mal die erste Schublade gefüllt. Gut, relax! King hat ein kleines Lästerkapitel eingebaut. Eine Auszeit von den Werkzeugen. Formulierungen, die ihn aufregen. Er bleibt dabei erstaunlich nah an William Strunk und seiner Lehre “The Elements of Style”. Nun ja, erstaunlich?

“In 2011, Time magazine listed The Elements of Style as one of the 100 best and most influential books written in English since 1923″ (Wikipedia)

Also ich schätze, das sollte man als angehender Schriftsteller wirklich lesen. Strunk hat Abneigungen gegen bestimmte Formulierungen wie: “…die Tatsche, dass”, “ungefähr so …” Oder andere geschwollene Formulierungen. Seine Meinung: Sag es einfach und direkt. King hat seine eigenen Abneigungen: “That’s so cool”, ist eine Formulierung, die er hasst. Ganz besonders nerven ihn zwei Dinge und ich weiß, dass fast alle amerikanischen Autoren zumindest den 2. Punkt verinnerlicht haben, denn ich lese es ständig auf  amerikanischen Schreiblogs.

Die passive Form

Punkt 1. Was geht gar nicht – Die passive Form. Kings Beispiel: Der Körper wurde aus der Küche getragen und auf das Sofa gelegt. Klingt nicht so schlecht, möchte man meinen, auch auf Englisch nicht. Sie trugen ihn aus der Küche und legten ihn auf das Sofa. ist trotzdem der bessere Weg. Ich mag die Argumentation von King. DU bist der Autor deiner Geschichte, übernimm – verdammt noch mal – Verantwortung für das, was du schreibst. Zieh dich nicht dauernd aus der Affäre. Schreibe nicht ständig passiv, werde aktiv.

Noch ein Beispiel: Mein erster Kuss wird mir immer als das Ereignis im Gedächtnis bleiben, mit dem meine Beziehung zu  ihr begann. King dazu ganz lapidar: “Oh man – who farted, right?” Ich weiß, dass viele Leser sich genau durch diese Sätze, die man ja auch erst einmal hinbekommen muss, gerne täuschen lassen. Sie für wundervoll und gefühlvoll halten. Für anspruchsvoll. In Wirklichkeit ist es warme Luft. Wie wäre es mit: Die Beziehung zu ihr begann mit einem Kuss. Ich werde ihn nie vergessen.

Literaturkritik und Leser

Die Literaturkritiker werden King zustimmen, Leser ihm vermutlich widersprechen. Das ist hart, hier muss man als Schriftsteller eine Entscheidung treffen. Nicht zwischen Literaturkritiker und Leser, sondern zwischen gutem und schlechtem Stil. Interessant ist, dass sowohl Strunk als auch King den Leser sehr genau im Blick haben. Ich interpretiere das mal auf meine Art: Der selbstbewusste, aktive Autor, muss dem Leser nichts beweisen. Er WEISS, dass er ein guter Liebhaber ist. Er ist offen, ehrlich und direkt. Er sagt: Ich liebe dich! zum Leser statt: Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Beziehung Aussicht auf großen Erfolg hat.

Vermeide Adjektive

Punkt 2. Ist fast schon eine Religion unter amerikanischen Autoren: Vermeide Adjektive, insbesonders als Zusatz im Dialog. Was ist falsch an: Das Mädchen streichelte die runzelige Hand der alten Frau und sagte mit gebrochener Stimme …  oder: Er beugte sich mit einer sanften Bewegung über ihren zarten Hals und küsste sie leidenschaftlich? Nun, es ist schlechter Stil. Sorry. Wieder werden hier die Meinungen von Lesern und Kritikern vermutlich weit auseinandergehen. “Es ist doch so romantisch” gegen “Das ist mies.”Foto

King ist streng: Er ist auch gegen:

“Er schloss die Tür fest.”

Und was ist damit falsch? Nun, wenn man hier ein Adjektiv braucht, sagt King, dann ist vorher schon etwas schief gelaufen. Dann hat der Autor nicht beschrieben, in welcher Stimmung die Tür geschlossen wurde. Denn wenn er es beschrieben hat – dann ist es klar. Wenn der Situation ein Streit vorhergegangen ist oder der Charakter vor jemanden wegläuft. Aber dieses eine Wort kann die Arbeit nicht ersetzen, die sich der Autor machen muss. Und an diesem Wort merkt man: Er hat sich die Arbeit nicht gemacht.

Weniger ist mehr

Ich mag diese Regeln von King. Ich lese auch lieber “Ich liebe dich”, als “Ich liebe dich leidenschaftlich/sehr/mit ganzem Herzen/bis ans Ende meines Lebens.” Ich meine: Braucht Ich liebe dich ernsthaft noch eine nähere Beschreibung?

Ich denke sogar, dass es weniger Scheidungen gäbe, wenn man Adjektive bei Liebeserklärungen stets vermeiden würde. Aber das ist meine ganz eigene Meinung.

Stephen King - On Writing

Stephen Kings “On Writing” #9 Grammatik

20. September 2013
 Grammatik

Also, was sollte noch im Werkzeugkasten des Schriftstellers sein? Grammatik. Sprachlehre. *Ächem* Ich fühle mich kalt erwischt. King:

“… and don’t ennoy me with your moans of exasperation or your cries that you  don’t understand grammar, you never did understand grammar …” (King. On Writing)

Ich war eine sehr gewissenhafte Schülerin, aber Rechtschreibung und Grammatik waren nicht mein Ding. Nie. Es ist mir immer schwer gefallen, Worte richtig zu schreiben. Allerdings konnte ich immer erklären, warum. Sie klangen für mich anders oder sahen anders besser aus.

Bei Grammatik war es umgekehrt: Ich habe nie Fehler gemacht, aber man durfte mich nicht fragen, warum oder was ich da gerade gemacht hatte. Objekt, Prädikat, Subjekt? Keinen Schimmer. Das habe ich viel später gelernt, als ich Latein für mein Studium lernen musste. Bei King gibt es kein Lehrkapitel über Grammatik. Kings Message ist klar: Du solltest es draufhaben. Wenn du es drauf hast: Gut. Wenn du es nicht drauf hast: Lern es. Aber bitte nicht in diesem Buch.

Ich bin kein Fan von Leuten, die den Genitiv hochhalten, als wäre es die letzte Bastion der Deutschen Sprache. “Der Genitiv ist dem Akkusativ …” Ich kann auch auf Bücher verzichten, die sich darüber amüsieren, das Menschen, die weniger Bildung haben, Fehler machen. Ich finde, wenn ein Buch lebendig sein soll, die Dialoge, der “Swing”, dann klingt absolut richtig manchmal verdammt falsch. Einverstanden, wenn man weiß, was man macht, sagt King. Aber die meisten wollen zu viel.

Häufigster Fehler?maschi

Zu komplizierte Sätze. Man will Eindruck schinden und merkt nicht, dass man sich auf Glatteis begibt. Verstehe. Frauen oder Männer, die auf eine festliche Veranstaltung gehen, sich chic machen und am Ende schlechter aussehen, als an allen anderen Tage des Jahres. Also zurück zu den einfachen Sätzen. Hunde bellen. Vögel fliegen. Das kleine Schwarze oder der schwarze Anzug. Das ist deine Baustelle.

Grundlagen

Manchmal bekomme ich liebe Briefe von Menschen, die mich um Rat fragen, wie sie Schriftsteller werden können. Und mich fragen, ob ich ihr Manuskript lesen könnte. Vorweg: Ich bewundere und liebe diese Menschen. Mut ist sicher das Wichtigste, was man braucht, um ein Buch zu veröffentlichen. Also ermutige ich sie gerne zurück. Das Manuskript lese ich nicht, zum einen, weil ich keine Zeit dafür habe, zum anderen, weil in den meisten Fällen schon in der Mail so viele grobe grammatikalische Fehler (und ich sehe absolut über Rechtschreibfehler hinweg) gemacht werden, dass ich am liebsten sagen möchte: Bitte, bitte, lasst dieses Manuskript in der Schublade. Sie werden euch zerreißen, da draußen. Schaut, was sie mir schon antun und ich beherrsche die Sprache einigermaßen.

Grammatik ist wichtig. Ich bin King dankbar für diese Erinnerung. Ich kann noch viel lernen. Dinge, die richtig zusammengesetzt sind, funktionieren besser. Das ist auch von ihm kein besserwisserischer Rat, sondern nur ein gut gemeinter.

Stephen King - On Writing

Stephen Kings “On Writing” #8 Toolbox

19. September 2013
Die Toolbox

Okay, endlich. Das habe ich jedenfalls gedacht, als ich in Kings “On Writing” bei dem Kapitel Werkzeuge also Toolbox angelangt bin. Nicht, dass das Vorherige langweilig gewesen wäre, ganz im Gegenteil, trotzdem überspringe ich das ganze autobiografische Kapitel von King hier einfach mal und komme gleich zur Sache.

Natürlich wollte ich wissen, was King in seiner Toolbox empfiehlt. Und hatte gleichzeitig Angst davor. Für jemanden wie mich, der Puppenkleider mit Tesafilm “näht”, oder eine Sicherheitsnadel hinsetzt, wo andere einen Knopf anbringen, hat das Wort Werkzeuge immer etwas Bedrohliches. Es ist die Lösung für ein Problem, okay, aber es ist auch das Ding, mit dem ich nicht klar komme. Werkzeuge und ihr Gebrauch. Das beste Werkzeug nützt ja nichts, wenn man es nicht richtig benutzen kann. King schlägt gleich einen ganzen Werkzeugkasten vor.  Und empfiehlt, dass der eines Autors mindestens 4 oder 5 Etagen oder Ebenen (Fächer oder Schubladen) haben sollte. Jede Ebene ein Werkzeug.

Wortschatz

Und das erste Werkzeug in der Toolbox heißt: Wortschatz. Was jeder mehr oder weniger zur Verfügung hat (Erleichterung!). Zudem ist King ein eindeutiger Verfechter einer einfachen Sprache und anders, als für einige Rezensenten, ist für ihn eine einfache Sprache eine gute Sprache. Mit Worten, die einem beim Schreiben sofort einfallen, die das, was man sagen will, am direktesten und klarsten beschreiben. Mein Lieblingszitat von King für die Schönheit und Klarheit einer einfachen Sprache ist von Hemmingway:

“He came to the river. The river was there.”

Ja, ich liebe das auch. Es ist wie beim Design. Je einfacher und klarer, desto kraftvoller, ehrlicher, stärker. Für den Wortschatz heißt das bei King: Nimm was du hast und fang bitte nicht an, dir komplizierte Worte für einfache Sachverhalte auszudenken. Nimm deine Alltagssprache, sie ist schön, haltbar und ausreichend. Also liegt “Wortschatz” in der obersten Schublade der Toolbox und man versteht, wie es weitergeht. Am Ende hat man in allen Schubladen Werkzeuge und ist bestens ausgestattet. Ein Traum.

Smarties

smarties 2Das ist so, wie mit den Smarties. Ich liebe Smarties. Ich meine, ich esse sie gerne. Als Kind habe ich sie immer auf meine Bettdecke gekippt und sortiert (oaky, manchmal mache ich das heute noch). Dann waren es Pillen für mich und jede Farbe half gegen eine Krankheit. Gelbe geben Husten, Rot gegen Kopfschmerzen, Grün gegen Bauchweh.

Aber bei mir gab es auch Pillen, die für etwas gut waren: Gute Laune, Kraft, Klugheit. Es gab kein Problem, das nicht mit einer Farbe oder Farbkombination zu lösen gewesen wäre. Noch weitere Fragen? Äh, ja. Was ist, wenn man sich nicht sicher ist, welches Werkzeug man in einem bestimmten Fall benutzen muss? Oder keines der Werkzeuge geeignet scheint? Einziger Ratschlag von King: Das musst du in der Praxis rausfinden. Also deine Werkzeuge möglichst oft benutzen. Verstehe. Ich esse erstmal noch ein paar Smarties. Sicherheitshalber von jeder Farbe.

Stephen King - On Writing

Stephen Kings – On Writing #7 Unterstützung

17. September 2013
Unterstützung im Schreiben

Weiter geht es mit Stephen Kings On Writing. Eigentlich wollte ich heute zu der Toolbox übergehen, den Werkzeugen, die man zum Schreiben braucht – oder auch nicht. Aber etwas Wichtiges habe ich vergessen und was das angeht, stimme ich hundertprozentig mit Stephen King überein. Daher geht es vorher um – Unterstützung.

Vor seinem Erfolg, der mit “Carrie” kam, hat King zwei Jahre lang unterrichtet und in den Sommerferien in einer Wäscherei gearbeitet. Geschrieben hat er – dazwischen. Auf den Stufen des Mietshauses, im Hinterzimmer der Wäscherei, im Trailer, den sie danach bewohnten. Es geht hier nicht um die Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär. Was die Kunst angeht, ist einem das egal. Man denkt vielleicht an die Millionen, wenn man, hm, ein Geschäft aufbaut, an der Börse spekuliert oder Lottolose kauft, aber sicher nicht, wenn man Kurzgeschichten schreibt. Warum? Man weiß mit absoluter Sicherheit, dass dies nicht zu den Millionen führen wird. Und es ist einem auch egal. Und das kann sehr hart für jemanden sein, der mit einem durch diese Zeit geht.

Lesefutter

Es gibt ja diese wunderbaren Geschichten, von den Verlegern, die einen jungen Schriftsteller entdecken und dann unter ihre Fittiche nehmen. Unterstützung vom Verlag. Hat es das mal gegeben? Früher? Ich bin mir da nicht so sicher. Ich habe eindeutig das Wort “Lesefutter” zu viel in Gesprächen mit Verlegern gehört. Lesefutter bedeutet, dass man vom Schreiben leben kann, weil man für den Verleger etwas schreibt, mit dem er die hungrigen Leser füttern kann. Aber Lesefutter will man auf keinen Fall schreiben, wenn man sich mit einem Job durchschlägt und nebenbei schreibt. Denn man arbeitet ja schon für das Futter und ansonsten versucht man, sich Freiräume für die Kunst zu schaffen. Man muss das tun.

Manchmal kann ein solcher Job durchaus hilfreich sein und einen auf die richtige Idee bringen. Ich mag die Geschichte von King, der bei dem miesesten und abwegigsten Job, den er hatte, auf die Idee für “Carrie” gekommen ist. Eine Geschichte, die dann sowohl einen Verleger, als auch die Leser überzeugte. (Carrie wurde übrigens neu verfilmt und kommt im Dezember 2013 in die Kinos. Trailer.)

Schreiben und Kunst

Wenn mir jemand – egal ob angehender Schriftsteller oder Maler oder Musiker – erzählt, er hätte zu wenig Zeit zum Schreiben oder malen oder musizieren, dann – äh – weiß ich, dass es nicht wirklich ums Schreiben geht. Oder Malen. Also um die Kunst. Eher um die Idee, ein Schriftsteller oder Maler oder Künstler zu sein. Und es ist eine schöne Idee: Ein helles Atelier, arbeiten, wann immer man Lust dazu hat, sich nur mit den Dinge beschäftigen, die andere als Hobby haben …

Kunst

Nun, Künstler zu sein ist eine schöne IDEE, aber eine Sache, die man unbedingt vermeiden sollte, wenn es anders geht. Wenn man es nicht tun muss. Und dass man es tun muss, merkt man ganz einfach daran, dass man sich, wann immer es auch nur menschenmöglich ist, die Zeit dafür nimmt. Neben zwei Jobs, im Krieg, in einem verborgenen Zimmer in Amsterdam, in den Abend- oder Morgenstunden. Okay, ich will darauf nicht rumreiten. Ich will sagen: Ein Schriftteller, der für die Kunst schreibt, braucht Unterstützung. Stellt euch einfach eine Party vor, ein Familientreffen, ein Abendessen bei Freunden, egal und der Tischnachbar/Tanzpartner etc fragt:

“Und, was machst du so?”

“Ich bin Künstlerin.”

“Aha, interessant. Und? Kann man davon leben?”

Und die Antwort lautet: “Nein.” (Und man hasst, sie zu geben!)

Es ist ganz einfach. Man lebt nicht von der Kunst, weil sie nicht dafür gemacht ist. Aber vielleicht verdient man irgendwann einen Haufen Geld, weil man lange genug durchgehalten hat, nie aufgegeben hat, an sich geglaubt hat und – weil jemanden hatte, der diese Zeit mit einem durchgestanden hat. Der oder die das Geld verdient hat oder einfach das karge Leben mit ausgehalten hat.

Tabitha

Am besten – diejenige ist selbst KünstlerIn und versteht einen. Jemand, für den man im Zweifelsfall das Gleiche tun würde. Mit Kings Worten:

“Whenever I see a first novel dedicated to a wife (or husband), I smile and think. There’s someone who knows.

Diese Menschen werden gerne vergessen. Auch in Vorworten oder Widmungen. King hat das nicht getan und ich will da auch nicht tun. Denn es ist wichtig, darüber zu reden, dass man jemanden – Verleger, Mann//Frau//Geliebte/n// Freund//Mentor//Lehrer braucht, um ein gutes Buch zu schreiben. Um durchzuhalten, um weiterzumachen.

Meine Schreibunterstützung
Unterstützung

Zum Glück habe auch ich jemanden, der mich in Schreibzeiten und bei meiner künstlerische Arbeit unterstützt. Der hinter, neben oder vor mir steht und auf mich aufpasst. King hatte seine Frau Tabitha, die den ersten Entwurf zu “Carrie” aus dem Mülleimer gefischt und ihm beim Drogenentzug geholfen hat.

Wann immer ich also von King spreche, meine ich genauso Tabitha und wann immer ich von mir spreche, dann spreche ich auch von dem Mann der hinter, vor oder neben mir steht. Danke, Uwe, für den Support.

Ich habe auf Red Bug Culture einen Beitrag zu Unterstützung geschrieben, der das Thema noch einmal ausführlicher behandelt, wer mehr lesen möchte, kann also einfach auf den Schreibblog meines Buchlabels Red Bug Culture hüpfen.

Stephen King - On Writing

Stephen King – On Writing #6 Bücher über das Schreiben

17. September 2013
Bücher über das Schreiben

Diesmal geht es um Bücher über das Schreiben. Ja, ich bin immer noch bei On Writing und finde es extrem gruselig (ihr wisst schon, das Leben und das Schreiben), dass Stephen King nun zum ersten Mal nach Deutschland kommt. Hamburg. Tickets hier. Mona/Tintenelfe, du gehst hin, du musst mir sagen, wie es war! Hamburg ist ja nicht Berlin … Und ich mache einfach weiter, als wäre nichts.

Zurück zum Thema.:Bücher über das Schreiben. Sind die überhaupt sinvoll? Was sagt King? Ich hatte von den drei Vorworten in On Writing erzählt und das zweite ist schon deshalb besonders, weil King es schafft, bei ca 125 Worten, viermal das Wort Bullshit fallen zu lassen. Wobei – fallen lassen … Bullshit! ist schon eher ein fester Schlag auf den Tisch. Erster Satz:

“This is a short book because most books about writing are filled with bullshit.” (Stephen King)

Bücher über das Schreiben sind alle Bullshit? King hat sich also vorgenommen, über etwas zu schreiben, was in seinen Augen eigentlich noch niemand vor ihm richtig hingekriegt hat? Mutig. Allerdings nennt er eine einzige Ausnahme: William I. Strunk “The Elements of Style ” und empfiehlt jedem angehenden Writer, dieses Buch zu lesen und ich gebe das gerne gleich so weiter.

Das Buch werde ich lesen, aber ich teile Kings Meinung hier nicht ganz, da ich noch nicht sehr viel Bullshit in Schreibbüchern gelesen habe. Allerdings habe ich mich auch nie mit “Besser schreiben für Dummies” beschäftigt, sondern hautpsächlich Bücher über das Drehbuchschreiben gelesen und fand sie ausnahmahmslos hilfreich. Hier mal eine kleine Liste. Es schadet nicht, sie alle zu lesen.

Bücher über das Schreiben
bullshit

IPC Laptop von 1997. Was für ein schöner Oldtimer. Man beachte die Disketten!

Anfänge

Als ich anfing, meinen ersten Roman zu schreiben, dachte ich nicht an Bücher über das Schreiben. Der Antrieb ging eher von einer kreativen Idee als von dem handwerklichen Gedanken aus. Ich dachte, das kriege ich ohne Anleitung hin, ist ja schließlich kein Ikea-Schrank und kreativ kann ich.

Für meinen ersten Roman hatte ich die gewagte Idee, einen interaktiven Roman zu schreiben. Es war schnell klar, dass diese Idee (zumal das Internet noch kein smartes Netz, sondern ganz schön träge war) mich komplett überforderte. Viele Kurzgeschichten (die ich mir seit Jahrzehnten nicht getraue durchzulesen) und drei Jahre später, versuchte ich dann erneut, einen Berlin-Roman zu schreiben. Erneut ohne Bücher über das Schreiben oder irgendwelche Online-Tipps. (Gab es die damals überhaupt schon?)

Drauflosschreiben

Ich liebe Struktur, ich bin gut darin, ich wollte einen Roman aus vier Perspektiven schreiben, ich dachte, das schaff ich. Morgens um 5 Uhr bin ich aufgestanden und habe im Winter, im Dunkeln an meinem kleinen Schreibtisch gesessen und auf meinem ersten IPC-Laptop geschrieben – und gelöscht – und geschrieben – und gelöscht u.s.w.

Den Hinweis von Wiliam Strunk Omit needless words brauchte ich nicht, ich habe ganze Sätze, ganze Seiten und nachher das ganze Manuskript gelöscht. Gott, war das schlecht!

Drehbuchschreiben

Nun – was mich aus diesem Kampf, um ein gutes Buch, eine gute Seite, einen guten Satz am Ende gerettet hat, war das Drehbuchschreiben. Oder zumindest die Aufgabe, statt 400 Romanseiten, einfach mal locker mit Dialogen gefüllte 120 Seiten Drehbuch zu schreiben. War das einfach! (Letztendlich natürlich nicht, die Meister des Fachs sind Genies). Ich hatte da irgendwie ein verborgenes Talent in mir entdeckt und hielt das auch nicht für weltbewegend. Also Drehbücher im Besonderen und Film im Allgemeinen.

Und diesmal begann ich die Sache systematisch und habe Schreiben gelernt. Was ich beim Drehbuchschreiben und Lesen der Bücher über das Drehbuchschreiben gelernt habe, wurde eine der Grundlagen meines Schreibhandwerks.

Ich hoffe, dieses eine Buch von King und vielleicht die kleine Ergänzung von meiner Seite helfen euch bei eurem Schreiben weiter.

Kennt ihr noch mehr Bücher über das Schreiben? Dann setzt sie gerne in die Kommentare.

Stephen King - On Writing

Stephen King – On Writing #5 Die Schriftstellerband

15. September 2013
Die Schriftstellerband

Heute geht es um die kleine Geschichte, die Stephen King in On Writing seinem ersten Vorwort erzählt. Ja, erstem Vorwort, denn davon gibt es drei. Das Buch hat drei Teile, drei Vorworte und das ist natürlich kein Zufall. Im ersten Vorwort erzählt King von – der Schriftstellerband.

Anfang der 90er Jahre hatte die Verlegerin Kathi Karnen Goldmark die Idee, eine Rock ‘n Roll-Band aus Schreibern (Drehbuchautoren, Journalisten, Schriftstellern …) zu gründen. Der erste Auftritt der Schriftstellerband fand auf der Bookseller Association Convention statt, das sollte es eigentlich sein, doch dann traf sich die Band noch ein paar Mal, dann regelmäßig und trifft sich wohl bis heute.

Die Autoren in dieser Band haben in meinen Augen die wunderbare Eigenschaft, sich nicht so ernst zu nehmen. Sonst hätten sie sich wohl kaum Rock Bottom Remainders (was man vielleicht mit Ladenhüter oder Restexemplare übersetzen kann) genannt. Ich liebe das! Ihre Homepage ist cool und stylish (seht ihr die kleinen Sternchen!) und am 16. Juni 2013 haben die Bandmitglieder das E-Book Hard Listening herausgebracht, in dem man Essays, Fotos, Audioclips und Videos findet. Logisch finde ich das gut! Stephen King war lange Lead-Gitarrist der Band und einer der Frontmänner und hatte Spaß.

Literatur und Spaß

Ich weiß, dass viele Menschen im Buchbetrieb denken, dass Spaß haben und Literatur nicht zusammenpassen. Kann man sich eine Rock ‘n Roll-Band mit Daniel Kehlmann, Clemens Meyer, Kathrin Schmidt, Elfriede Jelinek, Uwe Tellkamp vorstellen?

Zu den genannten Autoren habe ich sehr unterschiedliche Meinungen, aber es kommt nicht darauf an, ob ich sie für gut oder schlecht, nett oder unnett halte. Ich meine nur: Sie nehmen sich alle sehr ernst. Wie überhaupt ein großer Teil des Literaurbetrieb. Wogegen nichts spricht, wenn dieser Literaturbetrieb nicht mit einer gewissen Herablassung auf einige Schriftsteller herabsehen würde, die sie für weniger ernsthaft halten. Das ist in den USA nicht anders und natürlich ist Stephen King ganz klar, dass die meisten, die sich in dem Betrieb wichtig nehmen, ihn für einen weniger wichtigen Autor halten.

Nun gab es vor einem Gig der Band in Miami Beach ein Gespräch zwischen King und Amy Tan (Background-Vocal). Allein wegen dieser Gespräche beneide ich King schon um die Band. King fragte Tan, welche Frage von den tausenden, die ihr immer wieder gestellt werden, ihr denn noch nie gestellt worden sei. Und sie antwortete: Niemand hat mich jemals nach der Sprache gefragt. Niemand hat sie je nach ihrem Verhältnis zur Sprache in ihrem Schreiben gefragt. Und King ging auf, dass man von Bestseller- und Erfolgsautoren, die einem breiten Publikum gefallen, wohl nicht annimmt, dass sie der Sprache besondere Bedeutung beimessen.

VorurteileSchriftstellerband

Hier könnte eigentlich ein Werbe-Break kommen, um sich das noch mal durch den Kopf gehen zu lassen oder sich Chips aus der Küche zu holen (ich bevorzuge das Zweite). Für Stephen King, der schon über ein Jahr mit dem Gedanken spielte, ein Buch über das Schreiben zu schreiben, war das ein weiterer Hinweis: Okay, sie fragen nicht nur mich  nicht, sie fragen uns alle nicht nach der Sprache.

Müller und Jelinek – klar. Oder wie King erzählt: Updike und DeLillo – natürlich.

Kurz, dieses Buchprojekt war ein wenig frech: King schreibt über das Schreiben, ho, ho, ausgerechnet – und er wusste das selbst. Darum hat er so lange gezögert und auch ein wenig Angst gehabt, sich lächerlich zu machen oder aufgeblasen zu wirken. Ich muss sagen: Respekt – denn es ist mutig und wichtig. Und angefangen hat es bei und mit der Band.

Ich denke an die Buchmesse. Wie schön wäre es, wenn ich in einer Schriftstellerband – sagen wir eine Funk- oder Punk-Band – wäre. Und während der Messe einen coolen Auftritt hätte. Das wäre genau mein Ding. Und anschließend könnte man ein wenig über Sprache und Schreiben, das Handwerk und die Magie reden. Atlantik, wo bist du und all you can hear is Radio Gaga. Wir würden Chips essen und uns Witze erzählen und hätten bestimmt viel Spaß mit unseren Lesern, die natürlich alle VIP-Karten bekommen würden. Ach ja …

Stephen King - On Writing

Stephen King – On Writing #4 Henne oder Ei

15. September 2013
On Writing – henne oder Ei

Stephen King hat On Writing in drei Teile eingeteilt:

  1. Eine kleine Autobiografie,
  2. eine Abhandlung über die Grundvoraussetzungen zum Schreiben (On Writing)
  3. und einen Abschnitt On Living, er nennt es Postscript.

Ich würde sagen, es ist der große Schlussakkord seines Buches. Padam! Denn während er in den ersten zwei Kapiteln sowohl emotional als auch logisch an das Schreiben herangeht, herrscht im letzten Kapitel eine Stimmung von Chaos und, hm, surrealem Horror. Was natürlich nicht zufällig genau das ist, was seine eigenen Bücher ausmacht.

Auch schon im ersten, autobiografischen Teil ist Horror in ganz alltäglicher Form vorhanden: Arztbesuche und Behandlungen mit unerträglichen Schmerzen als Kind, extreme Armut und absurde Jobs als junger Familienvater, starke Alkohol- und Drogensucht sowie Entzug später. Dazwischen irgendwo der Erfolg. Man hat fast das Gefühl, er ist ein weiterer Horrorfaktor, aber Stephen King sagt das nie. Ich frage mich: Was war eher? Henne oder Ei? Der Horror oder der Wunsch, diese Art von Erfahrungen zu machen?

Henne oder Ei

Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals in meinem Leben ein Handwerk erlernen werde. Und beim Lesen in Büchern über das Schreiben, ist es schön zu merken: Du verstehst etwas von diesem Handwerk. Ich bin in einer Akademikerfamilie aufgewachsen: Mutter Doktor, Vater Professor, die meisten Tanten und Onkel Lehrer. Doch ich bin nicht dafür gemacht. Wenn man seine Puppenkleider mit Tesafilm “näht”, dann ist allerdings auch Handwerk keine echte Alternative. Mütterlicherseits und großmütterlicherseits gab es einige Hallodries und Spieler und irgendwann war mir klar, dass ich vermutlich mehr das Erbgut dieser Seite geerbt habe, denn alles, was etwas verboten oder gefährlich oder riskant ist, zieht mich magisch an.

Handwerk und Erfahrungen

Dann natürlich die Frage: Was wird man mit dieser Mischung? Und warum ist man schließlich etwas Bestimmtes geworden? Ich wundere mich immer, wenn in Biografien von Autoren steht: “Ich habe immer schon viel gelesen und viel geschrieben.”

Nun, logisch, das ist dein Handwerk, das hast du doch hoffentlich gelernt. Ich möchte ja auch bitte nicht, wenn ich mir die Werbebroschüre eines Bäckers ansehe, lesen: “Ich habe schon immer viel gebacken.” Davon gehe ich mal aus.

Meine Frage an den Autor ist: Hast du irgendetwas (erlebt), das sich aufzuschreiben lohnt?  Stephen King hat natürlich viel gelesen und viel geschrieben. Sein Handwerk gelernt. Er sagt, dass es eine der Hauptvoraussetzungen für das Schreiben ist. Absolut einverstanden. Doch was seinen Texten den besonderen Kick gibt, ist sicher etwas anderes. Ich denke, es ist zu einem großen Teil sein Leben. Seine Lebenserfahrungen.

Schreiben

Als ich mein erste Buch schrieb (Radio Gaga) stellte ich zum ersten Mal fest, dass es nicht möglich ist, einen Protagonisten einfach sterben zu lassen. Jedenfalls nicht, ohne der Geschichte und seinen Charakteren zu schaden (Das Buch ist der Boss!). Ich habe auf das Buch gehört und fand mich großzügig.

Beim dritten Buch hatte sich das Kräftverhältnis schließlich so umgekehrt, dass ich Angst hatte, im Skiurlaub zu verunglücken, weil ich dem Hauptprotagonisten in meiner Geschichte einen üblen Skiunfall angehängt hatte. Henne oder Ei. Ich war richtig erleichtert, als bei einem Sturz meine (echt teure) Ray-Ban-Sonnenbrille kaputt ging und ich sie sie sofort als Ersatzopfer anbieten konnte. Ist das verrückt? Ich weiß es nicht genau, aber je länger ich schreibe, desto sicherer bin ich, dass zwischen dem Leben und dem Schreiben eine sehr enge Beziehung besteht, die man nicht unterschätzen darf. Vermutlich trifft das auch auf andere Künste wie Schauspielerei/Bildende Kunst/Musik etc zu.

Mir gefällt außerordentlich, dass Stephen King dies nicht nur genauso sieht, sondern es in seinem Buch auch ausdrückt//zeigt//beschreibt. Leben und Schreiben – gehören zusammen.