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Wie geht Marketing? I kissed a girl …

22. August 2014
Marketing

Ich bin ganz schlecht im Self Marketing. Ich bewundere Autor*innen, die besser sind, das können. Das machen. Es gibt doch diese Aufkleber: I (Kussmund) Paris. Oder I (Kussmund) New York. Okay, I (Kussmund) Berlin, aber darum geht es gerade nicht. Es geht um einen Aufkleber, den ich bei Facebook gesehen habe und der mich stark ins Grübeln gebracht habt. I (Kussmund) Autorin xy. Eine wirklich selbstbewußte Werbeaktion von Autorin xy, die mich a) fasziniert b) stark irritiert c) Fragen aufwirft. Ich habe keinen solchen Aufkleber. Stimmt was nicht mit meiner Selbstvermarktung? Ich frage den Experten yz und lasse ihn einen Blick auf meine Social-Media-Aktivitäten, meine Website, meinen Blog werfen. Es ist ernst.

Social Media

“Okay”, sagt er ganz nüchtern, “Facebook können wir mal gleich vergessen, ein paar Posts über den Bagger vor der Tür und dann mal einen – ab und zu – über ein Buchcover oder eine Veröffentlichung? Wenn interessiert das schon? Die Leute wollen NAH an dir dran sein. Wo sind die Post über deine Katze, dein Essen, deinen Schreibtisch, deinen Hinterhof?” Er zwinkert mir zweideutig zu. “Darum geht es doch.”

“Zu privat?, hauche ich und weiß gleichzeitig, dass das heutzutage kein Argument mehr ist. Note 5. Okay, Twitter?, frage ich schon leicht eingeschüchtert. Immerhin HABE ich einen Account.

“Twitter?”, sagt er und lächelt abfällig. “Auf deutsch? Kannst du gleich knicken. Wenn schon, dann Twitter-Lyrik, da macht Deutsch Sinn aber sonst? Denn – wie viele deutsche Twitterkontakte hast du?”

“Ein-paar-sehr-nette!”, sage ich fest. Er lacht wieder (sehr witzig).

Ich atme tief ein.

Website & Blog

Ich habe immerhin noch eine Website und einen Blog. Ich finde, da bin ich stark. Er ruft die Website auf. Sie findet Gnade.

“Na gut. Okay.”

“Der Blog?”

Er schaut genauer. “Sind das echt die Blogbeiträge? Vorschläge, wie man besser schreibt?”

“Von Stephen King, murmele ich leise.

“Oder Vorschläge wie man besser bloggt?” (Echtes Entsetzen.) Ich schweige besser. “Meinst du, das wollen die Leute lesen? Sich von dir belehren lassen?”

“Nein?”

“Nein, nein, nein. Du musst die Leute für dich einnehmen, sie umschmeicheln, sie umwerben! Das ist gutes Marketing.”

“Ach so”, sage ich kleinlaut. “Ich dachte … es ging auch um das große … Ganze. Die … Literatur.” Er lacht, diesmal sehr laut. “Aber dafür bist du doch nicht verantwortlich. Was interessiert dich denn, ob es da draußen ein paar gute Bücher oder Autoren oder Blogbeiträge mehr oder weniger gibt? Denk an dich! Dein Geschäft.”

Kunst & Geschäft

Aha. Langsam werde ich sauer: “Mein Schreiben ist doch kein Geschäft!” (Okay, ich weiß, dass sich Wikipedia-Autoren darüber streiten, ob ich eher Künstlerin oder Geschäftsfrau bin, weil ich meine Kinder als Agentin im Filmgeschäft vertrete, aber die haben doch überhaupt keine Ahnung). “Ich – bin – Künstlerin. Ich will die Welt verbessern, schöner machen.” Jetzt lacht auch der Experte nicht mehr, sondern sieht mich nur noch sehr mitleidig an.

“Die Welt verbessern? (prust) Aber dafür hast du mich doch nicht engagiert, oder?”

Nein, natürlich nicht. Ich zeige ihm die Aufkleber. “Sollte ich das machen? I (Kussmund) Katrin?”

“Tja, sagt er, die Idee hat was.”

“Echt jetzt? Wirklich? Ich denke mal, mein Ego ist nicht so groß, dass ich … Aufkleber? Wirklich!?”

Er schaut mich traurig an. “Wer will, dass andere einen lieben, sollte vielleicht erst einmal anfangen, sich selber zu lieben, oder?” Er lächelt. “Das müssen wir alle irgendwann lernen.” Wir schweigen einen Moment. Ich ganz besonders. Dann bringe ich ihn zur Tür und winke ihm nach. Aufnimmerwiedersehen.

Ich nehme mein iPhone heraus, Kamera auf mich. Es ist doch nur ein Kuss! I (Kussmund) mein iPhone. War doch gar nicht so schwer, oder?

 

 

 

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